Kaum ein Thema beschäftigte die Branche in den vergangenen Monaten so sehr wie die Kraftstofflogistik. Rheinniedrigwasser aufgrund eines heißen und trockenen Sommers in Kombination mit dem Ausfall der Bayernoil-Raffinerie in Vohburg bei Ingolstadt nach einem Brand Anfang September machen die Versorgung der Tankstellen insbesondere im Süden nach wie vor zu einer logistischen Herausforderung. Trotzdem liefen nur vereinzelt Tankstellen leer – zum Glück meist nur für wenige Stunden.
Um die Versorgung sicherzustellen, wurden und werden alle verfügbaren Kapazitäten genutzt, zum Teil fuhren sogar Tankwagen von Süddeutschland bis nach Hamburg und Bremen. Unterstützung kommt von der politischen Seite: In Nordrhein-Westfalen dürfen die Tankwagen bis Ende Mai 2019 auch sonntags fahren, andere Bundesländer könnten die Regelung ebenfalls vorübergehend lockern.
Die längeren Transportwege und die aufwendigere Beschaffung schlagen sich entsprechend auf den Preis nieder: 100 Liter Diesel waren laut Argus Media im November mit 118,85 Euro in Süddeutschland durchschnittlich etwa 16 Euro teurer als im Norden. E5 kostete im Süden 123,91 Euro, die Differenz im Vergleich zum Norden lag somit bei circa neun Euro (Monatsdurchschnitt, Stand: 26. November 2018).
„Die angespannte logistische Lage gestaltet das Jahresende natürlich etwas holprig und fordert alle Kollegen in der Branche auf, ihr Äußerstes zu geben“, beurteilt Elmar Kühn, Geschäftsführer des Bundesverbands mittelständischer Mineralölunternehmen Uniti, die aktuelle Lage. Bisher sei jedoch alles gut gegangen, die Bevölkerung sei versorgt und die Geschäfte laufen weiter. Trotzdem rechnet der Uniti-Mann damit, dass sich die Lage wohl erst Ende des ersten Quartals 2019 wieder normalisiert – gesetzt den Fall, es regnet endlich.
Insgesamt stuft Kühn das laufende Jahr dank einer guten konjunkturellen Lage und einer sehr niedrigen Arbeitslosenquote als ein gutes ein und geht davon aus, dass sich das 2019 so fortsetzen wird. Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbands freier Tankstellen (BFT), sieht das ähnlich: „So wie ich das derzeit sehe, war es trotz aller Herausforderungen ein gutes Jahr. Margenmäßig sind wir, glaube ich, ganz gut gelandet. Es ist keiner reich geworden, aber alles, was wir an Investitionen machen mussten, konnten wir finanzieren.“
Besser, aber nicht gut
Etwas verhaltener hört sich die Einschätzung der Betreiberverbände an. „Dieses Jahr lief etwas besser als die Jahre davor, aber ich scheue mich, von einem guten Jahr zu sprechen, wenn Pächter angesichts ihres Fulltime-Jobs nur auf einen durchschnittlichen Gewinn von etwa 48.000 Euro kommen“, sagt Thomas Drott, Geschäftsführer des Bundesverbands Tankstellen und gewerbliche Autowäsche (BTG) in Minden.
Immerhin: Der trockene Sommer und das Mastjahr von Fichten und Birken, das nur alle fünf Jahre stattfindet, bescherten den Waschanlagenbetreibern im ersten Halbjahr Umsätze wie selten zuvor, erinnert sich Jürgen Ziegner, Geschäftsführer der Zentralverbandes Tankstellengewerbe (ZTG). Auch die Getränkeumsätze seien wegen der Hitzewelle zum ersten Mal seit Jahren wieder gestiegen. Gleichzeitig warnt der ZTG-Chef davor, im kommenden Jahr von ähnlichen Zahlen bei der Geschäftsplanung auszugehen (siehe Kasten unten). „Ich habe kein gutes Gefühl“, lautet seine Prognose. Die Kraftstoffabsätze gehen bereits jetzt zurück, wenn auch noch nicht dramatisch. Bei den Shopumsätzen müsse man sehen wie sich das entwickelt – „aber der Einzelhandel schläft ja nun wirklich nicht“.
Auch BTG-Mann Drott sieht im Bereich Shop und Bistro eine der größten Herausforderungen für das kommende Jahr und darüber hinaus. Bäckereien, aber auch der Lebensmitteleinzelhandel rüsten in diesem Bereich aktuell massiv auf. „Für unsere Tankstellen besteht nun die Schwierigkeit darin, wie man sich von diesem Wettbewerb abgrenzen kann“, sagt Drott. Diese Zusatzgeschäfte müssen beherrscht und ihre Umsatzmöglichkeiten realistisch eingeschätzt werden, damit der Betreiber trotz des Mehraufwands auf ein vernünftiges Jahressalär komme.
Rechtliche Änderungen
Auch unter den rechtlichen Themen gibt es Dauerbrenner: Nachdem 2018 die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten ist, rechnet Ziegner damit, dass die Behörden im kommenden Jahr mit den Kontrollen beginnen werden. Daher werde es nicht mehr nur ausreichen, auf der Homepage die Datenschutzerklärung einzubinden. Auch die anderen Vorgaben wie das Erstellen eines Verfahrensverzeichnissens sollten Betreiber in jedem Fall schnellstmöglich umsetzen (weitere Informationen unter sprit-plus.de/dsgvo).
Unbedingt noch bis Jahresende 2018 auseinandersetzen sollten sich Unternehmer mit der Kennzeichnung von Einweg- und Mehrwegflaschen, die das neue Verpackungsgesetz ab dem 1. Januar 2019 vorschreibt. Dabei müssen Einweggetränkeverpackungen, die der Pfandpflicht unterliegen, sowie Mehrweggetränkeverpackungen jeweils produktnah am Regal durch die Bezeichnung „EINWEG“ oder „MEHRWEG“ gekennzeichnet werden.
Auch beim Thema Tabak ist Feuer drin: Mit Inkrafttreten der Tabakproduktrichtlinie 2 (TPD 2) muss die gesamte Lieferkette von legal gehandelten Zigaretten- und Feinschnittpackungen rückverfolgbar sein. „Track & Trace“ nennt sich dieses Tabakkontrollsystem, mit dem die Europäische Union Schwarzmarktware eindämmen will: Dabei erhält jede Um- und jede Verkaufsverpackung ein individuelles Erkennungs- und Sicherheitsmerkmal wie eine Seriennummer oder einen QR-Code, mit dem der Warenweg jeder einzelnen Zigarettenschachtel innerhalb der gesamten EU lückenlos nachweisbar sein soll. Wichtig für Tankstellenbetreiber: Als Händler müssen sie bei der Bundesdruckerei eine ID-Nummer, also eine spezielle Registrierung, beantragen. Sowohl beim Thema Verpackungsgesetz als auch bei Track & Trace erhalten Betreiber Unterstützung von ihren Shoplieferanten.
Große Veränderungen
Neben gesetzlichen Änderungen gibt es einige große Themen, die die Branche 2019 und darüber hinaus umtreiben wird. Bei den Unternehmerverbänden steht im kommenden Jahr die Förderung von synthetischen Kraftstoffen, also den E-Fuels, auf der Agenda. Dafür soll die Politik möglichst schnell entsprechende gesetzliche Regelungen schaffen, um den Markteintritt für die Alternative konventioneller Kraftstoffe zu erleichtern. Zudem soll der Aufbau von Demonstrationsanlagen gefördert werden, um die E-Fuels möglichst schnell zur Marktreife zu bringen. „Um das Thema zu fördern, haben wir eine eigene Stabsstelle eingerichtet, wollen personell aufstocken, Forschungsaufträge zu diesem Thema vergeben und uns weiter in entsprechenden Netzwerken wie der Global Alliance Power Fuels der Deutschen Energie-Agentur engagieren“, kündigt Kühn an.
Am gesellschaftlichen Treiber Digitalisierung, kommt auch die Tankstellenbranche nicht vorbei. So plant der Uniti-Geschäftsführer, in seinem Verband einen eigenen Ausschuss dazu zu gründen. Zudem ist der Megatrend eines der Themen auf dem Uniti Cards- und Automation-Forum am 9. und 10. Januar 2019 in Hamburg.
Apropos Veranstaltungen: Eines der Branchenhighlights 2019 wird natürlich die Messe Tankstelle und Mittelstand am 8. und 9. Mai 2019 in Münster sein. Auf der 19. Leistungsschau, die die Einkaufsgesellschaft freier Tankstellen alle zwei Jahre veranstalten, erwartet die Besucher in fünf Hallen wieder 300 Aussteller rund um die Themen Waschen und Tanktechnik, Shop und Bistro und vieles mehr.
Welche Veranstaltungen und Messen im kommenden Jahr noch relevant sind, können Sie auf unserer Internetseite unter sprit-plus.de/termine nachlesen. Dafür haben wir einen neuen Service für Sie eingerichtet: Sie können ganz einfach per Mausklick den gesamten Kalender oder einzelne Termine in Ihren Outlook-, Android- oder Apple-Kalender runterladen.
(Autorin: Annika Beyer; der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 12.2018)
Das sollten Sie bei der Geschäftsplanung beachten
In den kommenden Wochen steht bei vielen Pächtern die Geschäftsplanung 2019 an. Um hier auf ein auskömmliches Ergebnis zu kommen, haben die Betreiberverbände ein paar Tipps auf Lager. „Die Geschäftsplanung liegt erstmal im Verantwortungsbereich des Unternehmers", betont André Zacharias, Geschäftsführer der IG Esso. Er kennt seine Tankstelle am besten und wisse, welche Zahlen realistisch sind. Gegebenenfalls sollte der Steuerberater und ein Verbandsvertreter hinzugezogen werden.
Bei der Geschäftsplanung auf dem Schirm haben sollten die Betreiber mögliche Steigerungen bei den Kosten für Strom, Wasser und Heizung sowie 2019 die Erhöhung des Mindestlohns auf 9,19 Euro. Neben den Angestellten mit Mindestlohn könnten auch die Kollegen, die mehr verdienen, eine entsprechende Anpassung einfordern. Sinnvoll im Zusammenhang mit den Personalkosten ist ein Blick auf den regionalen Arbeitsmarkt, um sich über die Durchschnittslöhne zu informieren. Unterstützung beim Thema Personalplanung erhalten Mitglieder des ZTG außerdem kostenfrei im Rahmen der Refa-Studie, mit der Betreiber den Personalstundenbedarf, allerdings nicht die Kosten, ermitteln können.
Als weiteren Tipp nennt BTG-Geschäftsführer Thomas Drott eine gute Vorbereitung und realistische Planung. So könne man im Gespräch mit dem Außendienst der Mineralölgesellschaften gut argumentieren. „Ich rate, beim Geschäftsplan gut aufzupassen und sich nicht über den Tisch ziehen zu lassen", betont Drott. Und sein Kollege vom ZTG ergänzt: „Pächter sollten sich nicht davon überzeugen lassen, die Zahlen von diesem vergleichsweise guten Jahr als Grundlage für die Geschäftsplanung 2019 zu nehmen."
Und sollte man sich tatsächlich nicht einigen können, könne es sinnvoll sein, über einen geregelten Ausstieg nachzudenken. Davon profitieren Betreiber aber nur, solange die Zahlen noch gut sind und man noch Aussicht auf einen guten Ausgleichsanspruch habe. Derzeit suchen die meisten Gesellschaften händeringend nach qualifizierten Pächtern, alternative Möglichkeiten gäbe es also genug, ist Ziegner überzeugt. (ab)