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Best Practice: Mit Strom gegen den Strom

03.04.2017 14:54 Uhr
Best Practice: Mit Strom gegen den Strom
Sind zufrieden mit dem Ergebnis (v. l.): Christoph Schürholz von PWM, Jens Geisler, Norbert Fißmann (beide Geisler) und die Metank-Geschäftsführer Jürgen Enders und Marc Stapenhorst.
© Foto: Annika Beyer

Nahe Osnabrück setzt ein kleines Tankstellenunternehmen auf Elektromobilität und macht dafür mit einer bisher wohl einzigartigen Form Werbung. Ein Besuch bei Metank in Melle.

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Jürgen Enders gehört einer Minderheit an – sogar in mehrfacher Hinsicht: Seit September 2016 fährt der Niedersachse einen BMW i3 und damit eines von nur knapp 34.000 reinen Elektrofahrzeugen, die Anfang des Jahres laut Kraftfahrt-Bundesamt in Deutschland zugelassen waren. Dabei hat der 55-Jährige von der staatlichen Förderung Gebrauch gemacht, die bisher nur wenige genutzt haben. „Ich habe mich total gefreut, dass ich insgesamt fast 6.000 Euro vom Staat und BMW zurückbekommen habe“, erzählt er.

Im Dezember reihte sich Enders in die Gruppe einer weiteren Minderheit ein: Er ließ an einer seiner beiden Tankstellen in Melle, Landkreis Osnabrück, eine Schnellladesäule für Elektrofahrzeuge mit einer Ausgangsleistung von maximal 50 Kilowatt aufstellen. Seitdem gehört die Station unter dem Metank-Logo zu den zwei Prozent der öffent­lichen ­Tankstellen in der Bundes­republik, die diesen Service anbieten.

Den hat sich der Unternehmer auch etwas kosten lassen. Insgesamt hat er etwa 60.000 Euro für die Ladestation von Charge IT, die Installation, die Änderungen am Hausanschluss sowie die Überdachung investiert. Wie viele Kunden nun konkret das neue Angebot nutzen, möchte Enders nicht sagen. Doch so viel verrät er: „Die Ladesäule wird ­mittlerweile gut angenommen. Wir ­sehen eine kontinuierliche Steigerung, und das wird ja noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein.“

Eine ­Potenzialanalyse für seinen Standort gab es zwar im Vorfeld der Planung nicht. Inzwischen weiß der Tankstellenchef aber, dass sich der Kundenkreis hauptsächlich aus drei ­Gruppen speist: zum einen die Elektrofahrzeughalter, die daheim ­keine eigene Möglichkeit haben, ihren Stromer zu laden. „Oder es kommen die Leute, die noch mal schnell 50, 60 Kilometer ­Reichweite für eine außerplanmä­ßige Fahrt brauchen“, ergänzt Marco Stapenhorst, zweiter Geschäftsführer bei Metank. Und dann nutzen auch die Langstreckenfahrer die Lademöglichkeit nahe der A30 und A33.  Angenehmer Nebeneffekt: Während das Fahrzeug lädt, verbringen viele Kunden die Wartezeit im Shop und genießen einen Kaffee oder Snack

Zahlen per Karte, App oder SMS

Bezahlen können die Kunden unabhängig vom Fahrzeugmodell mit einer RFID-Karte (radio-frequency identification), wie sie etwa BMW unter der Marke Chargenow anbietet. Sie wird einfach oberhalb des Displays gehalten, um den Ladevorgang auszulösen. Möglich ist auch die Nutzung einer App, die den QR-Code oberhalb des gewählten Ladesteckers erfasst. Zudem befindet sich über jedem Stecker eine Telefonnummer, an die der Autofahrer eine SMS senden kann, um den Ladepunkt freizuschalten.

Während des Ladens zeigt das Display den Ladezustand des Fahrzeugs in Prozent, die verbliebene Ladedauer in Minuten und Sekunden, die Energie in Kilowattstunden und die Leistung in Kilowatt an. Der Endbetrag wird anschließend automatisch über das Bezahlverfahren abgebucht, das der Kunde im Vorfeld hinterlegt hat. Auf Wunsch erhält er eine Rechnung. 

Abgerechnet wird dabei nach Energiemenge in Kilowattstunden und nicht nach Ladedauer, wie es mancherorts üblich ist. „Wir rechnen bei Flüssigkraftstoffen ja auch nicht nach der Betankungsdauer ab, sondern nach Litern“, begründet Stapenhorst die Entscheidung. Das sei nur fair.

Und welcher gedankliche Ansatz lag der Kalkulation des Preises zugrunde? „Wir haben uns überlegt, wie viel es durchschnittlich kosten würde, ein Elektrofahrzeug vollzuladen. Das haben wir dann in Relation zu den Kraftstoffkosten für eine vergleichbare Reichweite eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor gesetzt“, erklärt Enders und scherzt: „Wir haben das ausgerechnet, so gut wir das eben mit unserer Schulbildung konnten, und dabei sind die 39 Cent pro Kilowattstunde rausgekommen, die wir bisher nicht geändert haben.“

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Um die fast leere Batterie seines i3 auf 80 Prozent zu laden, braucht Enders an der Schnellladesäule etwa 25 Minuten. Je nach Fahrweise und Temperatur, die Einfluss auf die Ladedauer und Leistung der Batterie nehmen kann, schafft er dann mit dem Elektroflitzer von BMW zwischen 100 und 150 Kilometer. Allerdings, gesteht der Metank-Geschäftsführer, hat er zur Sicherheit einen Range Extender gewählt, der sich bei niedrigem Ladezustand der Batterie automatisch einschaltet und damit die elektrische Reichweite des Fahrzeugs verlängert: „So starke Nerven habe ich dann doch nicht, dass ich die Gefahr eingehe, irgendwo liegen zu bleiben.“

Freund des Besonderen

Trotz der Einschränkungen, die sein i3 in puncto Reichweite mit sich bringt, hat Enders offensichtlich Freude an seinem Exoten. Überhaupt scheint der Metank-Geschäftsführer Gefallen daran gefunden zu haben, etwas Besonderes zu machen. Denn im März ließ er schließlich eine Idee verwirklichen, die nicht nur ungewöhnlich, sondern in Deutschland wohl bisher einzigartig ist: Er ließ in seine beiden Preisanzeigen das Produkt Autostrom integrieren. Damit ist der seltene Service auch für die vorbeifahrenden Autofahrer im Gewerbegebiet Melle von der Straße aus gut sichtbar – was sich sicherlich positiv auf die Anzahl der Ladesäulennutzer auswirken dürfte.

Und Branchengröße PWM freut sich über das Engagement des kleinen Tankstellenunternehmens. Denn die Aufnahme des Preises für Autostrom ist für den Marktführer im Bereich Preisanzeigen eine Premiere, was die Behauptung unterstützt, dass in Melle der bundesweit erste Preismast mit dieser Information zu finden ist.

Metank nutzte die Gelegenheit auch gleich, alle acht Produktanzeigen der zwei Preismasten des Modells Gala auszutauschen, um ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten. Dabei war die Umrüstung denkbar unkompliziert: PWM fertigte die neuen Einbaumodule und verwendete dabei statt bedrahteter LEDs sogenannte SMD LEDs, die dank eines anderen Abstrahlwinkels und einer anderen Lichtbringung noch besser lesbar sind. Zudem sind die Ziffern spritzwassergeschützt.

Für die Umrüstung beider 8,70 Meter hoher Türme war das Unternehmen Geisler zuständig, das insgesamt drei Tage dafür benötigte. Zusätzlich musste das neue Produkt in das Kassensystem implementiert werden, damit der Preis für Autostrom automatisch an den Preismast geschickt wird.

„Wir fanden die Idee, den Strompreis anzuzeigen, interessant und hoffen, dass sie dauerhaft in der Tankstellenbranche Einsatz findet“, sagt Christoph Schürholz von PWM. Dann wird sich Enders allerdings etwas Neues einfallen lassen müssen, um wieder etwas Besonders zu sein. 

(Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 4/2017.)

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