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Elektromobilität: Branchenerfahrungen

16.10.2019 12:00 Uhr
Elektromobilität: Branchenerfahrungen
Die Zahl der Elektrofahrzeuge und Ladepunkte steigt zwar kontinuierlich, aber nach wie vor auf niedrigem Niveau.
© Foto: VW

In den vergangenen Monaten häuften sich die Meldungen von Mineralölkonzernen, aber auch aus dem Mittelstand, die Erfahrungen mit der Elektromobilität sammeln wollen. Eine Übersicht.

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Preisgestaltung als neues Feld

Die Total-Gruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, bis Ende 2022 europaweit 300 Standorte insbesondere in Autobahnnähe mit 150-Kilowatt-Schnellladepunkten auszustatten. Auf die Bundesrepublik entfallen davon 66 Standorte; aktuell gibt es im deutschen Netz 20 Ladepunkte, größtenteils mit 50-Kilowatt-Ladeleistung, aber auch mit 22 Kilowatt. Langfristiges Ziel soll sein, Schnellladepunkte in einem Abstand von weniger als 200 Kilometern anzubieten. Zu Beginn werden fünf Standorte in Deutschland ausgestattet, in den nächsten zwei Jahren will das Unternehmen auf etwa 30 Standorte wachsen. Total tritt dabei als Charge Point Operator (CPO) auf, das heißt, die MÖG ist selbst für Betrieb, Wartung und Instandhaltung verantwortlich. Bei der Versorgung mit Strom wollen die Berliner auf lokale Netzbetreiber zurückgreifen.

„Die Preisgestaltung ist für viele Anbieter, auch für uns, ein neues Feld. Hier gibt es viele offene Fragen, beispielsweise, wie lange die relativ teure Hardware genutzt werden kann, bevor sie erneuert werden muss", erklärt Ricardo Juppe, Manager Wasserstoff/Elektromobilität. Eine Faustregel sei: Je höher die angebotene Ladeleistung, desto kürzer die Zeit, die der Kunde für eine vergleichbare Reichweite warten muss und desto teurer die Kilowattstunde. Bezahlen können sollen die Tankkunden mit den bekannten Mobility Service Providern wie Newmotion, aber auch mit der Total-Tankkarte, mit der man dann nicht nur an den unternehmenseigenen Standorten laden kann. Inhaber der Total-Tankkarte erhalten die Abrechnung direkt von Total.

Inzwischen vermeldet Total die Entwicklung, dass die Schnellladepunkte mit einer Leistung von 175 Kilowatt anstelle der zunächst geplanten 150 Kilowatt ausgestattet werden sollen.

Shell kooperiert mit EnBW

Shell wird noch in diesem Jahr bundesweit 50 Hochleistungs­ladesäulen mit insgesamt 100 Ladepunkten an seinen Tankstellen errichten. Für diesen ersten Schritt seiner E-Mobilitätsoffensive hat die Mineralölgesellschaft Energie Baden-Württemberg (EnBW) als Partner gewonnen. Das Unternehmen wird gemeinsam mit Shell Schnellladesäulen mit einer Ladeleistung von 150 Kilowatt und mehr errichten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf sogenannten High Power Chargern (HPC) mit CCS-, CHAdeMO- und einem AC-Anschluss (Typ 2). Im Sinne einer nachhaltigen Mobilität laden Autofahrer an den Säulen zu 100 Prozent Ökostrom.

Die Ladevorgänge werden über den jeweiligen Fahrstromanbieter des Kunden, dem sogenannten Mobility Service Provider (MSP) per App oder Kundenkarte abgerechnet, egal ob mit EnBW Mobility+, Shell Newmotion oder einem anderen Anbieter geladen wird. Außerdem ist die kontaktlose Zahlung mit Debit- und Kredit­karte möglich. Da­durch wird für alle Kunden ein einfacher Zugang ermöglicht, ist man bei Shell überzeugt.

Mit den Schnellladesäulen ergänzt Shell sein bisheriges Angebot für batterieelektrisch fahrende Kunden. Im Jahr 2017 hatte Shell den niederländischen Ladesäulenanbieter Newmotion erworben und sich an Ionity beteiligt. Zudem hatte Shell an ausgewählten Tank­stellen in Großbritannien, den Niederlanden und China „Shell ­Re­charge"-Schnellladesäulen errichtet – auch um aus den gewon­ne­nen Erfahrungen für andere Länder wie Deutschland zu lernen.

Testphase mit fünf Stationen

Bereits seit 2015 kooperiert Orlen Deutschland mit dem US-Elektroauto­mobilhersteller Tesla Motors im Bereich E-Mobility und bietet die Schnell­ladesäulen „Tesla Super Charger" an Star-Tankstellen an. Nun will das Unterneh­men das Angebot mit ersten Schnellladesäulen basierend auf einem eigenen Hard- und Software-Angebot ausbauen. Die Säulen des polnischen Herstellers PRE Edward Biel werden von Orlen erworben, errichtet und eigen­ständig betrieben, wodurch die Gesell­schaft frei in der Wahl des Energiever­sorgers ist. Die ersten beiden eigenen Schnellladestandorte hat Orlen im Juli im Raum Berlin eröffnet. Insgesamt wurden in der ersten Testphase bis Ende des dritten Quartals 2019 fünf Stationen in den Regionen Berlin und Hamburg sowie in Lübeck mit Schnellladesäulen ausgestattet. Sie verfügen über alle drei gängigen Stecker­arten (Triple-Charger): Zum Einsatz kommen jeweils ein CCS à 50 Kilowatt/100 Kilowatt, ein CHAdeMO á 50 Kilo­watt und ein Typ-2 à 22 Kilowatt.

Das neue Angebot ist für Star-Kunden zur Einführung in den ers­-ten Monaten umsonst. Der kostenlose Prozess wird einfach durch Knopfdruck an der Ladesäule gestartet. Nach der Einführungs­phase will Orlen seinen Kunden an den Schnellladesäulen eine einfache Payment-Lösung mit App und QR-Code in Partnerschaft mit dem österreichischen Unternehmen has.to.be zur Verfügung stellen. Dann wird der Kunde mit der App „beEnergised Community" einen an der Ladesäule für den jewei­ligen Stecker angebrachten QR-Code scannen, den Ladevor­gang auf Basis des angezeigten Tarifs starten und mit dem hinter­legten Kreditkarten­konto oder Paypal-Account bezahlen können. Dabei soll es eine transparente und klare Preisstruktur ohne versteckte Gebühren, monatliche Grundbeträge oder komplizierte zeit­basierte Abrechnungen geben, kündigt Orlen an. Durch eine verursachungsgerechte Abrechnung auf Kilowattstunden-Basis wird nur der tatsächliche Strombezug in Rechnung gestellt.

Geschäftsmodell entwickeln

Aral hat Ende Mai 2019 die ersten beiden Ultraschnellladesäulen
für Elektroautos am Castroper Hellweg in Bochum eröffnet. Das Mineralölunternehmen betreibt die Ladepunkte in Eigenregie und kümmert sich um die komplette Projektabwicklung – angefangen vom Bau bis hin zur Stromversorgung und der Abrechnung. Ziel ist laut eines Pressesprechers, „ein Geschäftsmodell zu entwickeln". Versorgt werden die Ladesäulen zu 100 Prozent mit Ökostrom von Getec Energie. Die Anlagen verfügen über eine Ladekapazität von bis zu 160 Kilowatt und sind technisch aufrüstbar bis zu 320 Kilo­watt. Zusätzlich bietet Aral zwei Normalladepunkte mit 22 Kilowatt an, die unter anderem für Plug-in-Hybride geeignet sind. Im Rah­men des Pilotprojekts sollen spätestens bis Ende des Jahres weitere Standorte in Dettelbach, Merklingen, Schkeuditz und Wittenburg mit je zwei Ultraschnellladesäulen ausgestattet sein.

Für die Bezahlung stehen drei Mög­lichkeiten zur Verfügung: Der Kunde wird über den QR-Code an der Säule auf eine mobile Bezahlwebseite ge­leitet und kann dort per Debitkarte, Kreditkarte oder Paypal bezahlen. Diese Methode heißt „pay as you go". Als zweite Option kann eine vorhandene Ladekarte eines Mobilitätsanbieters verwendet werden, sofern dieser eine Anbindung an Hubject hat. Nach dem Ladevorgang bekommt der Kunde eine Abrechnung von seinem Anbieter zugeschickt und zahlt mit dem hinterlegten Zahlungsmittel. Aral-Flottenkunden können darüber hinaus ihre Aral Fuel & Charge Card einsetzen, die auch weitere Servicefunktionen für Fuhrparkbesitzer bietet.

Erste Testversuche

EG, seit einem Jahr Markenpartner von Esso, betreibt derzeit an eigenen Tankstellen Ladesäulen zu Test­zwecken. Hinzu kommen einige weitere Ladesäulen an Stationen, die von selbstständigen Händlern be­trieben werden. EG widmet dem Thema E-Mobilität sehr viel Aufmerksamkeit und arbeitet daran, Ultra-Fast-Char­ging-Ladesäulen mehr und mehr im Tank­stellennetz verfügbar zu machen.

Westfalen baut Ladeangebot aus

Die Westfalen-Gruppe bietet künftig verschiedene schlüsselfertige Säulen­typen von Wallboxen über Normal- bis Schnellladestationen an. Dabei stehen drei Modellpakete zur Wahl, von der reinen Ladesäulen-Bereit­stellung bis zum Rundum-sorglos-Paket. Ein weiteres Angebot der West­falen-Gruppe: die neue Service Card + eCharge. Sie soll ab Herbst neben den Vorteilen einer klassischen Tankkarte europaweit Zugang zu tausenden Intercharge-Ladestationen bieten und wurde für die speziellen Anforde­rungen betrieblicher Fahrzeugflotten konzipiert.

(Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 10./11.2019.)

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