Auf der Lade-Landkarte gibt es große weiße Flecken. Wer sein Elektroauto an öffentlichen Stationen laden will, sucht vor allem auf dem Land oft vergeblich. Die noch fehlende flächendeckende Infrastruktur gilt als einer der Hauptgründe dafür, dass die Elektromobilität in Deutschland nur schleppend vorankommt. Bei der E-Auto-Kaufprämie ist die Bilanz ein halbes Jahr nach deren Start ernüchternd: Bis zum 1. Januar 2017 wurden nur 9.023 Anträge gestellt.
Eigentlich sollte mit der Prämie die Nachfrage nach E-Autos angekurbelt werden. Die Bundesregierung erwartete zum Start, dass so der Kauf von "mindestens 300.000 Fahrzeugen" angeschoben wird. Bisher aber sind E-Autos vor allem eins: Ladenhüter. Erst recht gilt dies bei Privatkunden. Denn fast die Hälfte der Anträge auf eine Prämie entfiel auf Unternehmen. Auch bei den Pkw-Neuzulassungen sieht es nicht besser aus. Nur knapp 10.000 reine E-Autos kamen laut KBA im vergangenen Jahr bis Ende November dazu, bei insgesamt rund 3,1 Millionen Neuwagen.
Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland bei der Elektromobilität hinterher. Die Entwicklung wird derzeit vor allem von China getrieben, wie aus einer Studie des Brancheninstituts CAM in Bergisch Gladbach hervorgeht. Vorreiter in Europa ist Norwegen. Inzwischen sind dort mehr als 100.000 reine Elektroautos auf den Straßen unterwegs, der Marktanteil bei Neuwagen liegt bei fast 30 Prozent. Die Anschaffung von E-Autos wird bereits seit Jahren massiv gefördert, es gibt viele Ladestationen.
In Deutschland kommt der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur an öffentlichen Ladestationen zwar voran, aber nur langsam. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht bis zum Jahr 2020 einen Bedarf an 70.000 öffentlichen Ladepunkten zur Normalladung und 7.100 Schnellladepunkten: "Davon sind wir noch weit entfernt." Zur Jahresmitte zählte der Verband bundesweit gerade einmal rund 6.500 Ladepunkte, darunter 230 Schnellladepunkte.
Der Bundesverband E-Mobilität kritisiert, bisher gebe es beim Aufbau der Ladeinfrastruktur "Insellösungen", die häufig nicht miteinander vereinbar seien. "Um als Elektroautofahrer beispielsweise in Berlin im gesamten Stadtgebiet laden zu können, benötigt man mindestens fünf verschiedene Ladekarten von unterschiedlichen Anbietern", sagt eine Sprecherin. "Benutzerfreundlich ist das nicht."
Die Benutzer, sprich: die Autofahrer, greifen derzeit auch deswegen nicht zu, weil E-Autos trotz Prämie immer noch vergleichsweise teuer sind. Dazu kommt das Problem der geringeren Reichweite - auch wenn die Hersteller hier bald Besserung versprechen.
Die Autobranche aber ist in einer Zwickmühle. Sie muss ihr Geschäft mit alternativen Antrieben deutlich ausbauen - auch um schärfere Umweltauflagen der EU zu erfüllen. Forschung und Entwicklung von E-Autos kosten Milliarden. Mit den Fahrzeugen verdienen die Autobauer derzeit aber wenig Geld – das machen sie mit vor allem mit den schweren sportlichen Geländewagen (SUV). Deren Absatz boomt - ganz im Gegensatz zu den E-Fahrzeugen.
Das sorgt in der Branche für Rätselraten, und führt dann zu Äußerungen wie jener von VW-Chef Matthias Müller. Dieser hielt den Kunden im November vor, sie verhielten sich inkonsequent: "Auf der einen Seite denken und handeln viele Deutsche im Alltag grün, wenn es aber um E-Mobilität geht, haben wir als Verbraucher spitze Finger. So ganz habe ich dieses paradoxe Phänomen noch nicht verstanden", sagte Müller der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung." Es mangele nicht am Angebot, sondern an der Nachfrage.
Und welche Folgen hat das kommende E-Auto-Zeitalter für die Beschäftigten der Branche? Von den derzeit rund 880.000 Mitarbeitern in Deutschland sind rund 250 000 in der Antriebstechnik tätig. Also in Bereichen, die bei der E-Auto-Produktion künftig wegfallen könnten – etwa in Werken, in denen Verbrennungsmotoren hergestellt werden.
IG Metall-Chef Jörg Hofmann hofft zwar, viele Beschäftigungsprobleme würden durch die demografische Entwicklung gelöst, wenn viele ältere Arbeitnehmer in den Ruhestand gingen. Es sei aber zwingend notwendig, die übrigen für die neuen Tätigkeiten zu qualifizieren: "Es darf niemand unter die Räder kommen." (dpa/Andreas Hoenig)