Erfolgreicher Wechsel von A- auf B-Marke“ – mit dieser Beschreibung empfahl uns eine Verbandsvertreterin eine Tankstelle in Kronshagen in der Nähe von Kiel für ein Tankstellenporträt. Neugierig geworden nutzte ich einen Termin in der Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein, um anschließend Pächter Ewald Hauff und seiner Lebensgefährtin Gudrun Kratzert einen Besuch an ihrer Team-Station abzustatten. Als ich erkläre, warum ich ausgerechnet auf ihre Tankstelle gekommen bin und die Verbandsvertreterin zitiere, muss Kratzert lachen: „Ja, stimmt eigentlich, das kann man so sagen.“
In den nächsten eineinhalb Stunden erzählen mir Kratzert und Hauff im aufgeräumten Büro und bei der Besichtigung des Geländes, was sich genau hinter diesem „erfolgreichen Wechsel“ verbirgt. Dabei bitten sie mich, die A-Gesellschaft im Artikel nicht beim Namen zu nennen, denn trotz aller Kritik wollen sie im Nachhinein kein böses Blut verbreiten. Schließlich seien auch dort nette Leute beschäftigt gewesen, die einfach selbst unter Druck standen.
Begonnen hat alles 1992 mit einer Pächtersuche in den Kieler Nachrichten für eine neu gebaute Tankstelle, auf die sich Hauff gemeinsam mit einem Bekannten beworben hatte. Während der Partner bereits kurz danach die Selbstständigkeit aufgab, ist Hauff nun schon seit einem Vierteljahrhundert in der Branche tätig, davon die ersten 20 Jahre unter der A-Gesellschaft.
Da die Tankstelle, an der ursprünglich zwei Werkstätten angeschlosssen waren, sechs Wochen früher fertig wurde als geplant, entfielen die eigentlich vorgesehenen Schulungen, weil das Tagesgeschäft so schnell wie möglich reibungslos laufen musste. „Tagsüber habe ich hier rumgeschraubt und Kraftstoff verkauft, abends bin ich zu einem Kollegen nach Pinneberg gefahren, der selbst eine Tankstelle betrieb. Und dort habe ich dann gelernt, mit den Programmen umzugehen“, erinnert sich der gelernte KFZ-Meister.
Eine harte Zeit, woran sich auch später nichts geändert hat: „Viel Arbeit, wenig Urlaub“, fasst er die ersten zwei Jahrzehnte in der Branche zusammen: „Du arbeitest zwölf, 14 Stunden in der Werkstatt und an der Tankstelle und am Ende des Tages ist das Geld nicht mehr geworden.“ Urlaub gab es auch nicht wirklich. „Unter der A-Marke waren es vielleicht drei Wochen – nicht pro Jahr, sondern insgesamt“, erinnert sich der Betreiber.
Immerhin einen Lichtblick gab es in dieser Zeit: Gudrun Kratzert. Die beiden kennen sich bereits seit 45 Jahren. „Er ist meine Jugendliebe“, gesteht die 57-Jährige und lacht. Vor dreizehn Jahren seien sich die beiden dann zufällig wieder über den Weg gelaufen. „Das war hier auf der Tankstelle. Und dann ist aus uns schnell ein Paar geworden“, ergänzt Hauff die Erzählung seiner Lebensgefährtin.
Für die Beziehung gab Kratzert sogar ihre Stelle in der Verwaltung der Justizvollzugsanstalt (JVA) auf und wechselte in die Tankstelle. „Ich komme zwischen vier und halb fünf in der Früh, sieben Tage die Woche. Zum Glück haben wir unser tolles Team da draußen. Ohne deren Kraft wäre hier vieles den Bach runtergegangen“, ist Kratzert überzeugt. Aber Urlaub gab es für sie die ersten Jahre ebenso wenig wie für Hauff.
Wechsel trotz neuem Angebot
Das änderte sich erst 2010, als die Pächter die Gesellschaft wechselten. Als der Vertrag mit der alten Gesellschaft auslief, nutzte das Paar trotz der Möglichkeit zur Verlängerung die Gunst der Stunde und wechselte zum Mittelständler Team, der ingesamt vorwiegend in Norddeutschland über 100 Tankstellen zu seinem Netz zählt.
Danach änderte sich vieles: Team brandete die Station nicht nur in die orange-grünen Unternehmensfarben um. Aus dem etwa 60 Quadratmeter großen Shop wurden 100 Quadratmeter. Während des Umbaus lief der Verkauf aus einem Bauwagen heraus, in dem notdürftig ein Tresen mit Kasse aufgestellt war. „Es war eine
tolle Zeit. Und von unserem Team organisatorisch eine glatte Eins, was die abgeliefert haben!“, erinnern sich die Tankstellenchefs.
Auch das Reich von KFZ-Meister Hauff blieb vom Gesellschaftswechsel nicht unberührt: Aus zwei Werkstätten auf der rechten wurde eine auf der linken Seite der Station. Die freigewordene Fläche bietet nun Platz für die Zufahrt des benachbarten Baucenters von Team.
Finanziell merken die Pächter ebenfalls einen Unterschied. „Wir sind wirklich selbstständige Unternehmer für Team. Arbeitest du viel, verdienst du viel. Das hast du bei einer A-Gesellschaft nicht“, sagt Kratzert aus Erfahrung. Daher sind beide motiviert, noch etwas weiterzumachen, „noch fünf Jahre definitiv“.
Und auch im Privatleben gibt es eine neue Erfahrung: Sie können endlich Urlaub machen. „Letztes Jahr sind wir zum ersten Mal zusammen weggefahren. 2016 war ich sogar fünf Wochen unterwegs und Gudrun ist hinterhergereist“, freut sich das Paar, dem man die neu gewonnene Entspannung sichtlich ansieht.
(Autorin: Annika Beyer. Das Porträt erschien in Sprit+ Ausgabe 1./2.2017.)