Herr Frey, wann waren Sie zuletzt in einer Tankstelle und dachten: „Wow, das sieht aber toll aus“?
Ich weiß gar nicht mehr, wo genau das war, aber es war auf jeden Fall eine freie Tankstelle in Norddeutschland. Was ich dort interessant fand, war das Gesamtkonzept: Es waren Monitore im Store platziert, auf denen beispielsweise ein digitaler Stadtplan mit lokalen Angeboten zu sehen war. Außerdem gab es die Möglichkeit, an der Kasse Getränkekästen zu bestellen, die ein Mitarbeiter direkt zum Auto gebracht hat. Insgesamt war der Shop zudem frech und bunt gestaltet. Das hat mir gut gefallen.
Und gab es auch schon Stationen, die Sie ganz furchtbar fanden?
„Geht gar nicht“, habe ich mir noch nie gedacht. Aber die Tankstellen, die nur die kleinen Mittelraummöbel mit wenigen Produkten und auf der rechten Seite den Zeitungsständer haben, sprechen mich natürlich nicht mehr an. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich denke nicht, dass das schlechte Tankstellen sind. Ich denke nur, dass da noch eine Menge passieren wird – und muss.
Inwiefern?
Ich glaube, es wird in Zukunft zwei verschiedene Arten von Tankstellen geben. Zum einen die „Fuel and Go“-Stationen, wo ich nur reinfahre, tanke, durchs Fenster, oder besser noch, direkt an der Zapfsäule via App bezahle und wieder weiterfahre. Zum anderen wird es Stationen geben, an denen ich tanke, zum Bezahlen in den Shop reingehe und dort verschiedene Bereiche vorfinde: Einen kleinen Foodbereich mit einer gemütlichen Ecke, wo der Kunde noch einen Kaffee trinken und dabei superschnelles WLAN nutzen kann. Hier wird es künftig mehr Kooperationen geben, etwa zum Lebensmitteleinzelhandel wie bei Aral und Rewe to go oder mit anderen Franchise-Anbietern wie Starbucks. Dazu gibt es vielleicht eine Lotto- und Paket-Annahmestelle oder einen kleinen Floristikbereich.
Welche Trends sehen Sie noch im Bereich Ladenbau?
Ein wichtiger Grundsatz lautet: Ladenbau ist dann besonders gut gelungen, wenn er gar nicht auffällt, sondern die Produkte in den Vordergrund treten lässt. Und Ladenbau bedeutet ja im Endeffekt nichts anderes als Emotionen erzeugen. Dabei muss der Ladenbau dafür Sorge tragen, dass diese Emotionalisierung auch den Kunden erreicht. Zugegeben: Das ist im Bereich der Tankstelle etwas schwieriger als etwa im Lebensmitteleinzelhandel, weil hier nur eine relativ kleine Fläche zur Verfügung steht. Ein weiterer Trend sind meiner Meinung nach blinkende Etiketten und neue Bezahlsysteme. Dabei stellt sich die Frage: Wohin „GERÄT“ die Welt?
Das heißt, die zunehmende Digitalisierung hat auch Auswirkungen auf die Einrichtungskonzepte?
Ja, definitiv. Bei der baulichen Planung ist viel Neues zu berücksichtigen wie die Anbindung an eine schnelle Internetverbindung oder im Bereich der Automatisierungstechnik in Form von Warenträgern mit Anschluss an das Datennetzwerk. Ladenbauer und Betreiber sollten auch die Themen digitale Preisauszeichnung und Digital Signage auf dem Schirm haben. Denn Digital Signage bietet die Möglichkeit, relativ schnell kundenbezogene Informationen auf Monitoren zu vermitteln. Bei der Auswahl der Inhalte auf den Displays kann der Standort eine Rolle spielen.
Können Sie dazu ein Beispiel machen?
Wenn im Umfeld der Tankstelle Möbelhäuser oder Kinos liegen, dann kann der Betreiber über die Displays deren Angebote und Produkte präsentieren. Das ist eine nutzerbezogene regionale Werbung, die sehr gut an der Tankstelle funktioniert, weil es dort eine hohe Kundenfrequenz gibt. Betreiber können sich zudem durch die Vermittlung solcher „Frequenzbotschaften“ eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen.
Also muss sich der Kunde an der Tankstelle auf neue Konzepte einstellen?
Ich würde nicht sagen, dass das völlig neue Konzepte sind, denn vieles gibt es ja tatsächlich bereits. Aber die Tankstelle der Zukunft wird zunehmend eine Mischung aus Supermarkt, Abholstation von Online-Bestellungen und dem Gastrobereich sein – verpackt in Nachhaltigkeit in Kombination mit viel Glas und naturbelassenen Baustoffen. Damit wird der Ladenbau gerade im Tankstellenbereich viel bunter und vielfältiger werden, und das wird der aufmerksame Kunde wohlwollend wahrnehmen.
(Das Gespräch führte Annika Beyer; Das Interview erschien in Sprit+ 5/2017.)