Es war Zufall, dass die Jahrespressekonferenzen von Lekkerland in Frechen bei Köln und Aral in Düsseldorf am gleichen Tag stattfanden. Für die Journalisten war dieser Umstand nicht nur wegen der räumlichen Nähe praktisch. So konnten sie gleich die Aussagen der Vorstände beider Unternehmen in Bezug auf die künftige Zusammenarbeit von Aral und Rewe to go und die Folgen für Lekkerland einander gegenüberstellen.
So wehrte sich Lekkerland-CEO Michael Hoffmann gegen die pauschale Aussage, sein Unternehmen habe den Auftrag bei Aral verloren. Dem stimmte auch Patrick Steppe, Chief Sales Officer (CSO), zu: „Zu einem Lebensmittelhändler zu wechseln, ist eine strategische Entscheidung von Aral und keine Entscheidung gegen Lekkerland und die Dienstleistungen, die Lekkerland anbietet.“ Aktuell stehe man in Verhandlungen mit der Bochumer MÖG, wie es nach Vertragsende im September 2017 weitergehe. „Wir arbeiten natürlich mit Nachdruck daran, Aral als Kunden zu behalten. Es gibt ja auch positive Signale“, sagte Hoffmann. Immerhin habe man Anfang 2016 das komplette Electronic-Value-Geschäft der MÖG bekommen.
Was die Entscheidung von Aral für den Umsatz von Lekkerland genau bedeutet, sei zum jetzigen Zeitpunkt unklar. „Es gibt noch viele Fragezeichen, bei uns und auch in Bochum“, sagte Steppe. „In welcher Form die Zusammenarbeit weiterläuft, wissen wir nicht, aber wir sind natürlich auf die verschiedenen Szenarien vorbereitet“, betonte Hoffmann.
Wettbewerb von allen Seiten
Überhaupt befindet sich Lekkerland seit einiger Zeit und bereits vor Verkündung des Aral-Rewe-Deals in einer Umbauphase – sowohl nach innen als auch nach außen. Gründe dafür sind der wachsende Druck durch Konkurrenten wie dem LEH, Bäckereien und Quick-Service-Angeboten sowie die zunehmenden Ansprüche der mobilen Kunden. „Wir wollen uns von einem reinen Impulswarenanbieter zu einem Komplettversorger entwickeln, der End-to-End-Lösungen anbietet“, erklärte Hoffmann.
Diese Neuausrichtung hat Lekkerland in der Strategie „Convencience 2020“ definiert, die das Unternehmen Ende 2012 vorgestellt hat. Teil davon ist beispielsweise der 360-Grad-Fitnesstest für Shops. „Im Rahmen dieser Storechecks haben wir fast 1.000 Tankstellen unter anderem auf Sortiment, Laufwege und Beleuchtung analysiert. Fast 600 Stationen sind daraufhin angepasst worden“, berichtete Steppe. Diese umgebauten Tankstellen hätten im Vergleich zu unveränderten Standorten ein zweistelliges Wachstum verzeichnet.
Ein weiterer wesentlicher Baustein der Neuausrichtung ist die Digitalisierung. Das Unternehmen verspricht sich davon eine Harmonisierung der Prozesse und Systeme. Dabei wurden unter anderem der Datenaustausch zwischen Kunde und Lieferant sowie Belieferungsvorgänge auf digitale Systeme umgestellt. „Das ist eine wesentliche Erleichterung zu den vorher papierbasierten Abläufen“, erklärte Chief Supply Chain Officer Kay Schiebur.
Weiterentwickelt wurde außerdem die Webplattform Lekkerland24, auf der das Unternehmen 2015 in Deutschland rund 3.500 aktive Webshop-Neukunden verzeichnete. Darüber hinaus haben sich in diesem Jahr die Online-Bestellungen verdoppelt, für 2016 ist eine weitere Verdoppelung geplant.
Vorstand ist positiv gestimmt
Trotz der vielen Herausforderungen ist Hoffmann überzeugt, dass Lekkerland „die finanziellen und inhaltlichen Ziele in diesem Jahr erreichen wird“. „Wir gehen davon aus, dass wir 2016 einen leichten Anstieg des Umsatzes verzeichnen und dass wir bei der Profitabilität ein gutes Stück vorankommen.“ Aktuell befinde man sich in Gesprächen mit dem Betriebsrat, um auch die strukturellen Änderungen innerhalb des Unternehmens abzustimmen. Bereits in den vergangenen Monaten habe es freiwillige beziehungsweise einvernehmliche Trennungen von Mitarbeitern gegeben. Bis Ende 2017 sollen alle Maßnahmen des Umbaus abgeschlossen sein.
(Autorin: Annika Beyer; Dieser Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 6/2016.)