Aral und Rewe arbeiten zusammen. Es war mehr die Lüftung eines offenen Geheimnisses als eine faustdicke Überraschung, als die Mineralölgesellschaft und der Handelskonzern Anfang März 2016 verkündeten, dass sie in Zukunft das Shopkonzept „Rewe to go“ an bis zu 1.000 unterneh-
menseigene Aral-Stationen bringen wollen. Bereits seit fünf Monaten kursierten Gerüchte über die anvisierte Partnerschaft in der Branche; ein unbestätigter Bericht in der Lebensmittelzeitung hatte den Nährboden bereitet.
Jetzt ist es also offiziell. Grund für den großen Rollout seien die positiven Ergebnisse der Pilotstationen. Laut Aral trifft das Konzept den Geschmack der mobilen Einkäufer: Im Testzeitraum sei der Umsatz an den Pilotstationen über alle Warengruppen hinweg deutlich gestiegen. Das Plus resultiere aus der höheren Einkaufsfrequenz der einzelnen Kunden, größeren Warenkörben pro Shopbesuch und neuen Kundensegmenten. „Die Zeit ist reif für die nächste große Evolution im Shopgeschäft – das belegt die Pilotphase ohne jeden Zweifel“, sagte Patrick Wendeler, Vorstandsvorsitzender bei Aral.
Leidtragender bei diesem Mega-Deal ist der bisherige Hauptlieferant von Aral: Lekkerland. Der Frechener Konzern ist auf Nachfrage von Sprit+ um Schadensbegrenzung bemüht. „Fest steht: Lekkerland und Aral sind und bleiben Partner. Wir werden, wie vertraglich vereinbart, bis September 2017 zusammenarbeiten und verhandeln in Kürze darüber, es auch über diese Vertragslaufzeit hinaus zu tun“, sagte Michael Hoffmann, Vorstandsvorsitzender von Lekkerland. Die rund 800 inhabergeführten Shops seien nicht Teil der jetzt geschlossenen Vereinbarung mit Rewe. Diese Stationen werde Lekkerland wie gewohnt beliefern.
Zunächst geringer Schwund
Im kommenden Jahr sollen über 200 Aral-Stationen einen Rewe-to-go-Shop erhalten. In diesem Jahr sind 50 Umrüstungen vorgesehen. „Das ist im Verhältnis zu der Anzahl der deutschlandweiten Aral-Stationen ein sehr geringer Anteil“, bemerkt Hoffmann. Auf die Frage, ob das Folgen für Arbeitnehmer des Unternehmens haben werde, antwortet der Vorstandsvorsitzende ausweichend. 2016 werde man nur sehr geringe Auswirkungen spüren.
Die Entscheidung der MÖG sieht Hoffmann kritisch: „Wir können selbstverständlich nicht für Aral sprechen. Grundsätzlich ist es in einem Projekt wie diesem wichtig, nicht nur die Kundenakzeptanz und die leichte Umsatzsteigerung zu bewerten, sondern weiterzugehen und alle Aspekte der Shopweiterentwicklung kritisch zu überprüfen. Dazu zählt vornehmlich die gesamt-wirtschaftliche Entwicklung.“ Mit der langjährigen Expertise des Unternehmens in der Zusammenstellung maßgeschneiderter Sortimente biete man Vorteile im Vergleich mit der Konkurrenz. (ms)
Kommentar: Vorsicht, Lekkerland! Der Deal könnte Schule machen
Auch wenn sich Lekkerland öffentlich gelassen gibt, schmerzt den Shoplieferanten sicherlich die Trennung von einem seiner größten Kunden. Die gute Nachricht im Beziehungsschmerz: Das Rewe-Shopkonzept installiert sich nicht über Nacht an den angedachten 1.000 Tankstellen. Das heißt, die Partnerschaft endet nicht abrupt, sondern über die kommenden Jahre, und auch nicht endgültig, schließlich gilt die Abmachung zwischen Aral und Rewe nicht für die Eigentümer-Stationen. Das verschafft dem Frechener Unternehmen genügend Zeit, zum einen seine „maßgeschneiderten Lösungen“ auszubauen, um nicht noch weitere große MÖG an die Big Player aus dem Lebensmitteleinzelhandel zu verlieren. Zum anderen wird Lekkerland vermutlich versuchen, die Verluste innerhalb des Tankstellenmarktes aufzufangen. Wie aus der Branche zu hören ist, schauen bei manchem Betreiber die Lekkerland-Außendienstler häufiger vorbei, seitdem der Aral-Rewe-Deal kolportiert wurde.
(Artikel und Kommentar: Michael Simon; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 4.2016.)