Andreas Felsen trinkt niemals Kaffee an der Tankstelle. „Ich bin zu verwöhnt, um zu ertragen, was dort meistens ausgeschenkt wird“, sagt der 43-Jährige und ergänzt: „Anscheinend geht es den meisten Tankstellenkunden nur um den Koffeinkick für zwischendurch und nicht um den Geschmack.“ Als Kursleiter an der Kaffeeschule Hamburg ist Felsen natürlich anspruchsvoller als der typische Konsument des Wachmachers. Und trotzdem ist der Hanseat überzeugt: Seinen hohen Maßstab könnten auch Tankstellen problemlos erfüllen.
Als wichtige Stellschrauben nennt Felsen die Qualität und Frische der Zutaten. Statt H-Milch empfiehlt er deshalb regionale Bio-Milch. Und auch bei den Bohnen sollten Tankstellenbetreiber auf eine der 700 regionalen Röstereien setzen, die es in Deutschland gibt. Diese sind in der Lage, frisch zu liefern, während bei großen Anbietern oft nicht genau nachvollziehbar ist, wann die Bohnen geröstet und wie lange sie danach gelagert wurden. Damit der Kaffee an der Tankstelle immer frisch ist, rät Felsen, alle zwei bis drei Wochen neuen zu bestellen und diesen dunkel und nicht zu warm zu lagern.
Ein weiterer Vorteil kleiner Röstereien: Sie wissen meist genau, ob ihr Produkt ökologisch angebaut wurde, wo es herkommt und ob die Bauern fair bezahlt wurden. „Diese Informationen können Betreiber nutzen, um mit ihrem Kaffee eine Geschichte zu erzählen. Das kann für viele Kunden ein Mehrwert sein“, ist Felsen überzeugt.
Knackpunkt Knebelvertrag
Bei den Maschinen rät der Kaffeeexperte zu den Markenherstellern, damit auch im Reparaturfall Ersatzteile zur Verfügung stehen. Allerdings sollten sich Betreiber nicht auf Verträge einlassen, bei denen die Maschine an einen festen Kaffeelieferanten gekoppelt ist. „Dann bekommt man vielleicht die Maschine günstiger, bezahlt das aber teuer mit minderwertigem Kaffee zu hohen Preisen“, kritisiert der Hamburger. Dagegen bieten regionale Händler Maschinen in der Regel zu einem fairen Preis und gutem Service, den Kaffee kann man unabhängig davon nach seinem eigenen Geschmack aussuchen.
Bei der Wahl der Maschine, egal ob Espressomaschine oder Vollautomat, sollten Tankstellenbetreiber außerdem darauf achten, dass sie gut zu reinigen ist. „Die Selbstreinigungsprogramme reichen hier normalerweise nicht aus“, betont Felsen.
Und dann hat der Kaffeeliebhaber noch einen weiteren Tipp: „An jeder Station sollte es einen Mitarbeiter geben, der dort regelmäßig arbeitet und sich für das Thema begeistert.“ Dieser Kaffeebeauftragte ist dafür zuständig, dass Cappucchino und Co. immer gut schmecken.
Dazu gehört nicht nur die Reinigung der Maschine. Auch Mahlgrad und Brühtemperatur müssen täglich an die Luftfeuchtigkeit und Umgebungstemperatur angepasst werden. Hier können ein guter Servicemitarbeiter oder Seminare an einer Kaffeeschule weiterhelfen. Dann trifft man Felsen vielleicht doch mal Kaffee trinkend an der Tankstelle an.
(Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 9/2016)