Kennen Sie noch das Spiel „Stille Post“ aus Ihrer Kindheit? Ein Kind flüstert dem anderen etwas ins Ohr, dieses sagt es leise weiter und so geht es von einem zum nächsten bis beim letzten Kind eine stark veränderte Botschaft ankommt. So ähnlich ist es mit der Einarbeitung von neuen Mitarbeitern, wenn irgendwelche Kollegen mal eben nebenbei für ihr Anlernen zuständig sind: Informationen werden vergessen oder verändert – im schlimmsten Fall falsch – weitergegeben.
Auf meiner Tankstelle habe ich deshalb neues Personal die ersten drei Tage selbst in meine Betreuung genommen. So konnte ich die Verluste durch eine Flüsterpost von Mitarbeiter zu Mitarbeiter reduzieren. Weil ich alles aus erster Hand im Detail erläutert und vorgelebt habe, wurden die erwarteten Standards auf gutem Niveau eingehalten.
Dabei habe ich bewusst die weniger beliebten Arbeiten von Beginn an einbezogen. Wer putzt schon gern Toiletten, leert die Mülleimer oder bückt sich auf dem Hof zum Müll aufsammeln? Aber als Aushängeschild für die Kunden müssen WC und Hof ganztags tipptop sein. Also gehören diese Arbeiten für Neueinstellungen vom ersten Tag an dazu und sollen später gleichbleibend gut erledigt werden.
Das Erlernen des Kassenvorgangs ist die schwierigste Hürde für die „Neuen“. Viele Dinge sind zugleich zu beachten: Geld und Warenbestand müssen stimmen. Die Abwicklung soll freundlich und gleichzeitig flott erfolgen, denn die meisten Tankstellenkunden sind eilige Kunden. Der aktive Verkauf gehört heute fest zum Anforderungsprofil an der Tankstelle, „maulfaule“ Kassierer kann sich keiner mehr leisten. Eine ausführliche Einarbeitung an der Kasse lohnt sich daher. Auch wenn die Umsetzung nicht gleich klappt, ist das kein Problem. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Aber der „Neue“ muss wissen, was von ihm erwartet wird, und ehrliches Bemühen zeigen.
Informationsflut vermeiden
Damit ein Anfänger die vielen neuen Informationen behalten und alle Anforderungen umsetzen kann, empfehle ich, jeden Arbeitsgang in Teilschritte zu zerlegen. Jeder davon wird erklärt, dann gezeigt und schließlich durch den „Neuen“ nachgemacht. Der Kollege, der mich damals eingearbeitet hat, war in diesem Punkt vorbildlich. So habe ich in kurzer Zeit viel gelernt, frei nach Konfuzius, der erkannte: „Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können.“
Die Mühe der Einarbeitung lohnt sich für neue hoffnungsvolle Mitarbeiter und eine langfristige Zusammenarbeit wird angestrebt. Leider hörte ich auch von Tankstellenbetreibern, die den Bewerbern keinen schriftlichen Vertrag an die Hand gaben, den Zusammenhang zwischen Arbeitszeiten und -vergütung im Ungewissen ließen. Nur wenige Chefs halten Berufsbekleidung und Namensschild für den Start des neuen Kollegen bereit. Ich finde, wer Leistung fordert, sollte diese selbst bieten. Gerade weil gute Mitarbeiter immer häufiger Mangelware sind, muss sich das Unternehmen von einer professionellen und leistungsfähigen Seite zeigen.
Fazit: Kein neuer Mitarbeiter ist von Anfang an perfekt. Aber ein gutes Vorbild zeigt ihm, welche Leistung erwartet wird und wie es möglich ist, diese zu erbringen.