Die Klimabeschlüsse der Bundesregierung verschärfen die einseitige politische Ausrichtung der Förderung auf E-Autos und verschenken so massiv Potenzial, erneuerbare Kraftstoffe stärker in den Klimaschutz einzubeziehen. Zu diesem Ergebnis kommt das Hamburger Beratungsbüro Economic Trends Research (ETR) in einer Bewertung der Klimabeschlüsse der Bundesregierung für den MWV.
Der ETR-Kurzstudie „Steuern und regulierungsbedingte Belastungen von Energie und Fahrzeugen für den mobilen Individualverkehr – Aktualisierungen infolge des Klimaschutzprogramms 2030“ zufolge ist ein dienstlich genutzter VW-Golf mit Elektroantrieb ab 2021 durch steuerliche und regulatorische Entlastungen über zwölf Jahre Nutzung um 26.200 Euro bessergestellt als ein Benziner-Golf. Die Differenz wächst bis auf 28.300 Euro bei einem „E-Golf“ versus VW-Golf mit Dieselantrieb bei Nutzung ab 2025.
„Käme dieser Vorteil für E-Autos auch erneuerbaren Kraftstoffen (E-Fuels) zugute, würde das einer Förderung ab 2021 von rund 3,40 Euro je Liter für Diesel-Pkw und rund 4,15 Euro je Liter für Benziner entsprechen“, sagt dazu der Leiter von ETR, Prof. Michael Bräuninger. „Damit wären synthetische Kraftstoffe selbst bei Kosten von vier bis fünf Euro je Liter konkurrenzfähig zum E-Auto.“ Die im Klimaschutzprogramm 2030 noch nicht aufgeführte, wiewohl geplante Erhöhung des staatlichen Anteils der Kaufprämie für Elektroautos ab 2021 von 2000 auf 4000 Euro sei in dieser Berechnung noch nicht einmal berücksichtigt.
Der Berechnung zugrunde liegt eine Jahresfahrleistung von 11.000 km und 4,8 Liter/100 km Verbrauch (Benziner) beziehungsweise 16.000 km bei 4,2 Litern/100 km (Diesel). Der Preis für einen Liter herkömmliches Benzin und Diesel vor Steuern beträgt derzeit rund 50 bis 60 Cent.
Das Klimapaket der Bundesregierung verstärke die bereits heute vorhandene Bevorteilung der Elektromobilität nach den ETR-Berechnungen zusätzlich, erläutert Prof. Bräuninger. Der Vorteil steige über die zwölfjährige Nutzungsdauer um etwa 3.400 Euro für einen neuen Benziner ab dem Jahr 2021 bis zu knapp 4.200 Euro für einen Diesel-Pkw ab 2025.
Die Bevorzugung für E-Autos auf europäischer und nationaler Ebene ergibt sich aus:
- der hohen Energiesteuer auf Benzin und Diesel im Vergleich zur niedrigen Stromsteuer
- der steigenden Kfz-Steuer für Neuwagen ab 2021 (entfällt beim E-Auto auf 10 Jahre)
- dem im Klimaschutzprogramm 2030 festgelegten CO2-Preisaufschlag auf Benzin und Diesel ab 2021 mit Steigerung bis 2025 verbunden mit einer Senkung der EEG-Umlage
- den Kosten der CO2-Regulierung der EU ab 2021 für Pkw mit Verbrennungsmotor
- der Anrechnungsmöglichkeit von E-Autos auf die gesetzliche Treibhausgasminderungsquote von Kraftstoffen
- der von 0,5 auf 0,25 Prozent verminderten Dienstwagenbesteuerung für E-Autos.
MWV-Hauptgeschäftsführer Christian Küchen: „Verständlich ist, dass Elektromobilität als ein Baustein für den Klimaschutz im Verkehr gefördert wird. Es ist jedoch klimapolitisch sinnvoll und zur Zielerreichung auch notwendig, erneuerbare Kraftstoffe stärker als bisher in die Förderung einzubeziehen. Diese können auch in bereits heute betriebenen Fahrzeugen sofort klimawirksam werden. Die bestehende Infrastruktur lässt sich dafür nutzen.“
Synthetische Kraftstoffe (E- Fuels) und fortschrittliche Biokraftstoffe sind wichtige Bausteine für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors. (red.)