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Nach TPD2: Raucher 
rauchen weiter

17.02.2017 15:24 Uhr
Nach TPD2: Raucher 
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Ist die Zahl der Raucher seit Umsetzung der TPD 2 signifikant gesunken? Politik und Industrie streiten sich um die Deutungshoheit.
© Foto: Nenov Brothers / fotolia.com

Seit einem halben Jahr "zieren" Schockbilder die Tabakwaren. Die Industrie befürchtete das Schlimmste. Doch Ende 2016 schoss BAT ein Feuerwerk in die Luft, dass man fragen muss: War da was?

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Das Jahresgespräch, zu dem British American Tobacco (BAT) nach Hamburg eingeladen hatte, endete wie Jahre meist enden: mit einem Feuerwerk. Drei Stunden lang hatte der Tabakwarenhersteller den anwesenden Journalisten diesen und jenen Kracher aus dem Jahr 2016 vorgestellt. Dann zündete BAT mit einem Knaller, der eigentlich keine Funken wirft, das Arrangement an und überließ es den Gästen, das aufsteigende Feuerwerk zu bestaunen.

Der funkenfreie Anzünder des metaphorischen Feuerwerks ist ein Kieselstein: So jedenfalls lässt sich Pebble ins Deutsche übersetzen. Die neue E-Zigarette bietet BAT seit Januar 2017 unter seiner E-Zigarettenmarke Vype im Handel an. Ganz bewusst habe man mit der Form davon wegkommen wollen, wie eine E-Zigarette normalerweise aussieht: nämlich langgezogen wie ein Stift, erklärt Torsten Treder.

Treder leitet bei BAT den Bereich, der im Fachjargon mit NGP abgekürzt wird: next generation products. Während die herkömmlichen Tabakprodukte durch staatliche Regulierungen und einen umkämpften Markt immer mehr unter Druck geraten und stetig Konsumenten verlieren, versuchen die großen Tabakkonzerne mit E-Zigaretten, also dem NGP-Bereich, die Kunden zu halten.

BAT hat zur großflächigen Integration von NGP am POS mit Esso und Agip/Eni bereits Verträge abgeschlossen, die die Präsenz der E-Zigarettenmarke Vype im Tabakregal und auf dem Tresen garantieren. Die NGP-Sparte komme allmählich „dynamisch aus der Nische“, formulierte Treder. Im vergangenen Jahr wuchs sie von 280 auf 340 Millionen Euro Umsatz, die Zahl der Nutzer von 1,0 auf 1,2 Millionen.

Kieselstein zum Dampfen

Für einen weiteren Schub schickt BAT also die in fünf Farben erhältliche Pebble ins Rennen: Sie liegt ergonomisch in der Hand, lässt sich in die Hosentasche stecken und intuitiv bedienen. Vor dem ersten Gebrauch klickt der Kunde einfach das Cap, das das Mundstück und die Flüssigkeit vereint, in den Akku und schon kann er losdampfen. Bei normalem Gebrauch hält der Akku 
einen Tag, per USB-Kabel lässt er sich wieder aufladen. Ist das Zwei-Milliliter-Cap leer, kann der Konsument es austauschen und aus zwei Nikotinstärken und einer nikotinfreien Variante sowie aus sechs Geschmacksrichtungen wählen.

Kunden von Lekkerland werden die Pebble vorerst nicht im Katalog finden. Auf Anfrage von Sprit+ erklärte eine Unternehmenssprecherin: „Lekkerland bietet seinen Kunden bereits heute ein ausgewogenes Sortiment verschiedener E-Zigaretten an. Aktuell planen wir daher nicht, die Vype Pebble in unser Sortiment aufzunehmen.“

Die Entscheidung von Lekkerland, das war in der Hamburger Unternehmenszentrale spürbar, grämte BAT, wenngleich nicht allzu sehr, schließlich war das Jahr 2016 für den Tabakriesen in seinem Kernsegment doch sehr erfolgreich verlaufen. Die Premiummarke Lucky Strike schaffte laut Einschätzung von BAT den Image-Wandel von „classic“ zu „sophisticated“, also zu einem Produkt, das kultiviert und 
anspruchsvoll wirkt. Dazu hätten der nach innen gewölbte Flow Filter und die Demi-Slim-Variante („Resized“) beigetragen.

Noch zufriedener zeigte sich BAT mit der Marke Pall Mall, die im Segment der günstigen Markenzigaretten (value for money) zulegte. Die günstigere Alternative ist mit 100 Milliarden verkauften Zigaretten weltweit die Nummer eins. In Deutschland kommt sie mit einem Marktanteil von zehn Prozent in diesem Segment auf Platz zwei. 2017 soll Pall Mall Genussmomente in den Vordergrund der Werbeaktivitäten stellen, dies mit einem neuen Logo. Die Platzhirsche, zwei Löwen, machen zwei „active windows“ Platz, die schräg gestellt ein wenig an die drei Streifen von Adidas erinnern.

Auch die Referenten aus dem OTP-Bereich (other tobacco products) schauten gerne auf das vergangene Geschäftsjahr zurück. Vorratspackungen wie Gigabags hätten „hervorragend“ funktioniert, weil viele Kunden den Preisvorteil des Selbststopfens (make your own) erkannt hätten. Auch die Einführung der Pall Mall Allround Mega Box war zufriedenstellend.

Schaden Ekelfotos dem Profit?

Als sich der Rauch des Feuerwerks, das BAT abgebrannt hatte, verzog, war der Eindruck entstanden, hinter BAT liege ein Jahr wie jedes andere, zudem ein sehr erfolgreiches. Doch über die restlichen Ereignisse in der Branche 2016 legte BAT einen Mantel des Schweigens.
Da wäre zum einen die Umsetzung der EU-Richtlinie TPD 2 in deutsches Recht. Vor dem Inkrafttreten und der Produktionsumstellung zum 20. Mai 2016 hatte die Tabakindustrie bis zuletzt heftig gegen die Schockbilder gekämpft. Nach dem dritten Quartal vermeldete das Statistische Bundesamt dann einen Rückgang bei der Versteuerung von Zigaretten von 11,3 Prozent.

Doch die Sorge, dass die neuen Verpackungen Kunden abschreckten, bewahrheitet sich für den Deutschen Zigarettenverband (DZV) damit nicht. DZV-Geschäftsführer Jan Mücke sagte: „Der Zigarettenabsatz in Deutschland ist auch nach der Einführung von Schockbildern stabil.“ Im Vorjahr hätte der Bund zum selben Zeitpunkt 9,88 Milliarden Euro aus der Tabaksteuer erzielt, nun waren es 9,86 Milliarden Euro. Der Rückgang sei mit der Vorratsproduktion in den ersten Monaten vor der Gesetzeseinführung zu erklären. Der Absatz sei unverändert, was beweise, dass die Schockbilder wirkungslos seien.

Trotz guter Konjunktur kam auch BAT nicht umhin, im Zuge der rechtlichen Änderungen weniger rentable Marken einzustellen beziehungsweise in stärkere Marken überzuführen: Lux und Kurmark wurden sukzessive durch die Lucky Strike Original Red ersetzt, Krone wurde im Januar in die Lucky Strike Flow Filter Gold migriert und Peer 100 durch Pall Mall Extra Cut ersetzt. Dem Handel empfiehlt BAT, die stärkeren BAT-Marken „als beste Alternative“ anzubieten.

Auch andere Tabakwarenhersteller machen ihre Ankündigung wahr, ihr Portfolio zu verknappen. Werden die TPD2 und das diskutierte verschärfte Werbeverbot also tatsächlich dafür sorgen – die große Sorge des produzierenden Mittelstands –, dass die Angebotsvielfalt zulasten der kleineren Produzenten zurückgeht?

BAT streicht 950 Arbeitsplätze

Zulasten der eigenen Mitarbeiter – auch so ein Thema, das im Feuerwerksnebel unterging – verlagert BAT trotz propagierter guter Konjunktur seine Zigarettenfertigung in billigere Lohnländer. Im Sommer 2016 hatte BAT angekündigt, 950 Arbeitsplätze seiner weltgrößten Fertigung in Bayreuth bis Mitte 2018 zu streichen. Auf Nachfrage von Sprit+ begründete das Unternehmen den Schritt mit Überkapazitäten und der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.

Immerhin: Das erst im Frühjahr 2016 wieder mit dem Top-Arbeitgeber-Award ausgezeichnete Unternehmen hat eine Transfergesellschaft gegründet, in der die Noch-Mitarbeiter Fortbildungsmöglichkeiten erhalten, „damit die Betroffenen möglichst schnell in neue Jobs vermittelt werden können“, heißt es von BAT. Dabei soll auch eine Jobbörse helfen, die Stellenangebote in der Region sammelt.

Während die deutschen Mitarbeiter die Schulbank drücken, informierte BAT die Börse über ein Übernahmeangebot an den amerikanischen Rivalen Reynolds. BAT ist bereits zu 42 Prozent am Camel-Produzenten beteiligt. Das Angebot für die restlichen 58 Prozent beträgt rund 43 Milliarden Euro. Stimmen die Aktionäre zu, würde BAT zum größten börsennotierten Tabakkonzern aufsteigen.

(Autor: Michael Simon; der Artikel ist erschienen in Sprit+ 1./2.2017)

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