Wer mit 43 Jahren schon 25 Jahre Tankstellen-Berufserfahrung hat, muss den Job und die Branche wirklich mögen. So wie Christian Fabian. Bei ihm ist aber nicht nur das Vierteljahrhundert ein Indiz dafür, dass er seinen Job liebt. Man merkt es mit jedem Satz und je länger man sich mit ihm unterhält, desto klarer wird: Dieser Mann lebt Tankstelle.
"Ich mag Herausforderungen"
Zum 1. Juli dieses Jahres hat Fabian die Avia Tankstelle in Lalendorf (Mecklenburg-Vorpommern) übernommen. Es ist bereits seine dritte Station, denn er betreibt seit 2015 eine Tankstelle in Wismar und seit 2017 eine in Satow. "Boie hatte mich vor zwei Jahren schon gefragt, ob ich die Station in Lalendorf übernehmen will", erzählt Fabian. Damals war ein großer Umbau erfolgt. "Ich hatte mich aber noch nicht bereit gefühlt für Lalendorf, woraufhin der damalige Pächter, Martin Siebert, noch weitergemacht hat. Nun ist er in Rente gegangen und ich habe die Herausforderung angenommen. Ich mag Herausforderungen", fügt er lachend hinzu.
An der Lalendorfer Tankstelle decken acht Vollzeitkräfte, eine Teilzeitkraft und eine Aushilfe die Öffnungszeiten rund um die Uhr ab. Natürlich ist auch Fabian regelmäßig vor Ort und dann gefühlt überall zu finden, im Büro und an der Kasse, an den Zapfsäulen und in der Waschanlage. "Die Abwechslung und die Aufgabenvielfalt in meiner Position sind einfach toll", schwärmt er. "Besonders gern arbeite ich mit den Menschen hier, seien es meine Kollegen, die Kunden oder Geschäftspartner. Im Backoffice ist es dann ein bisschen ruhiger, wenn ich mich um den 'Papierkram' kümmere, Aktionen plane oder Abläufe optimiere." Die Buchhaltung erledigt der Tankstellenunternehmer ausschließlich digital.
Auch kleine Änderungen wirken
Fabian hinterfragt viele Dinge, und ein "das haben wir immer schon so gemacht" gibt es bei ihm nicht. Stillstand mag er nicht. Er ist davon überzeugt, dass es immer Potenzial gibt, einen Arbeitsablauf noch besser, einfacher oder günstiger zu gestalten. Das muss auch gar nicht gleich ein großer Umbau sein. Auch kleine Änderungen können Großes bewirken. "Hier in Lalendorf kann ich all die Kleinigkeiten, all die Verbesserungen und Aktionen, die ich in den vergangenen Jahren an den anderen Stationen erarbeitet habe, geballt einsetzen und relativ schnell die Erfolge sehen", erklärt Fabian.
Zum Großteil richtet er seine Arbeitsweise nach dem Pareto-Prinzip aus. Sehr wichtig sind ihm zudem Ordnung und Sauberkeit, sowohl im Innen- als auch im Außenbereich. Ein besonderes Augenmerk legt er auf die Waschanlage, denn "hier wollen wir Sauberkeit verkaufen, also muss auch der Ort der Reinigung strahlen", sagt er. Natürlich weiß er auch, dass die Waschanlage optimal eingestellt sein muss, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu liefern.
Von der Waschanlage bis zum Kaffeevollautomaten: Eintönig ist der Tankstellen-Alltag nie und jeder Tag ist eine neue und positive Herausforderung für Fabian. "Eigentlich mache ich mir jeden Abend einen Plan für den kommenden Tag. Oft geht er auf. Oft auch nicht", lacht der 43-Jährige.
Bekannte und neue Gesichter
Der Anteil an Stammkunden ist in Lalendorf recht hoch. Dazu zählen die Lalendorfer selbst, die hier tanken, einkaufen, ihr Auto waschen lassen oder Kaffee trinken. Außerdem liegt Fabians Station im Gewerbegebiet und auch von dort kommen treue Kunden. Im Sommer kommt es dann häufiger vor, dass Fabian und sein Team ganz neue Gesichter sehen, denn in der Ferien- und Reisezeit versorgen sich hier viele Touristen.
Mit etwa 70 Einwohnern je Quadratkilometer weist Mecklenburg-Vorpommern die geringste Bevölkerungsdichte Deutschlands auf (zum Vergleich: In Berlin sind es sage und schreibe rund 4.200 Einwohner je Quadratkilometer). Entsprechend weit liegen die drei Tankstellen von Fabian auseinander, geschweige denn von seinem Wohnort entfernt. "Pro Woche verbringe ich ungefähr zehn Stunden im Auto, zehn Stunden im Homeoffice und 30 Stunden in den Tankstellen", rechnet er vor. So bleibt auch noch Zeit für die 14-jährige Tochter, Konzertbesuche und Reisen.
Die Meinung der Betreiber zählt
Generell schätzt Fabian sehr, dass er bei einem Mittelständler arbeitet und seinen Alltag frei gestalten kann. "Boie schreibt mir relativ wenig vor. Ich kann die meisten Entscheidungen selbstständig treffen und darüber bin ich wirklich sehr glücklich." Das ist auch mitunter der Grund, warum Fabian selbstständig sein möchte: um Dinge selbst zu entscheiden und auszuprobieren. "Mir ist sehr wohl bewusst, dass das bei Konzernen anders läuft. Da werden Konzepte vorgegeben und flächendeckend durchgedrückt, ob es nun zu der jeweiligen Station passt oder nicht. Bei Boie ist das ganz anders, hier achtet man auf meine Meinung und Erfahrung."
Doch wie genau kam es eigentlich zu 25 Jahren Erfahrung? Tatsächlich war es Zufall, der Fabian in die Tankstellenbranche geführt hat: 1999 hatte Fabian eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten abgebrochen und wollte nur bis zur nächsten Ausbildung an der Tankstelle jobben. Aus dem Nebenjob wurde dann eine Ausbildung. Nach der Ausbildung wurde Fabian Stationsleiter.
Von 2005 bis 2008 hat er seinen staatlich geprüften Betriebswirt an der Abendschule absolviert - und weiter an der Tankstelle gejobbt. "Das Themenfeld Tankstelle hat mich dann so fasziniert, dass ich nichts anders mehr machen wollte!" Auch die Nachfrage, ob er sich wirklich gar keinen anderen Job vorstellen könnte, antwortet Fabian nach nur einer Sekunde: "Nein. Wirklich nicht. Ich will nie mehr etwas anders machen als Tankstellen zu betreiben!"
Ralf Köppl