Es ist die eine Frage, auf die derzeit die Topmanager von Mineralölgesellschaften ebenso eine Antwort suchen wie der Eigentümer einer einzigen Station: Wie wird die Mobilität der Zukunft aussehen? Und daraus folgend: Wie stelle ich meine Tankstelle auf ein diversifizierendes Angebot an Antriebstechniken und sinkende fossile Kraftstoffabsätze ein?
Die Tank & Rast, Franchisegeberin von rund 360 Tankstellen an deutschen Autobahnen, hat mit der Raststätte Fürholzen West ein Statement abgegeben. An der A9, vor den nördlichen Toren Münchens, hat das Unternehmen ein vom Bund ausgeschriebenes Projekt für eine moderne Tankund Rastanlage umgesetzt. Der Arbeitstitel: „Raststätte der Zukunft“.
Dabei ging es der Tank & Rast darum, erklärt Pressesprecherin Bettina Schaper, „unter Aspekten der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zukunftsfähige Technologien und kundenorientierten Service unter einem Dach zu vereinen“. Konkret unterscheide sich die neue Anlage in drei Aspekten von herkömmlichen Tank- und Rastanlagen. Zum ersten durch eine moderne Architektur, die im Shop und Restaurant durch große Glasfronten und ein Lichtkonzept für hohe Aufenthaltsqualität sorgt und gleichzeitig mit dem doppelgiebeligen Satteldach der Tankstelle einen Bezug zu oberbayerischen Scheunen und Stadeln herstellen soll. Zum zweiten wird am Standort ein Wärme- und Stromerzeugungskonzept nach dem sogenannten „Energie-Plus-Standard“ umgesetzt, das sich unter anderem in der rund 200 Meter langen Photovoltaik-Anlage manifestiert, die beinahe die komplette Lärmschutzwand zur Autobahn säumt.
Und zum dritten rechnen die Macher der Raststätte offenkundig damit, dass der von vielen Experten prognostizierte Kraftstoffmix die Zukunft sei: Otto- und Dieselkraftstoffe in Normal- und Premiummischung, der Stickstoffkiller Adblue, Autogas, Erdgas, Wasserstoff mit 300 und 700 bar und nicht zuletzt Strom bekommen die Kunden in Fürholzen. Die Pluralität der Energieträger stellt nicht nur die Kraftfahrzeugführer vor eine schwierige Probe („An welcher der zahlreichen Fahrbahnen gibt es meinen Kraftstoff?“), auch Tank & Rast musste sich etwas einfallen lassen: Am herkömmlichen Preismast war einfach zu wenig Platz für so viele Energieträger. Als Folge steht noch eine zweite kleine Preisanzeige mit den alternativen Kraftstoffen der großen bei.
Den Preis pro Kilowatt Strom werden E-Auto-Fahrer dort nicht finden, denn für sie gibt es einen Extra-Ladebereich, mutmaßlich um die schneller zu tankenden Fahrzeuge nicht aufzuhalten. So schließt sich an den durch eine geschwungene Attika überdachten Haupttankbereich noch ein zweiter Bereich an: In einem Rondell können derzeit vier Stromer parallel laden. Bei größerer Nachfrage hat Tank & Rast jedoch noch viel Platz, dort weitere Säulen unterzubringen.
Im Bereich der Zapfsäulen hält die Raststätte der Zukunft noch einen netten Service für Autofahrer bereit, der aber seinen stolzen Preis hat: Für knapp vier Euro pro Liter können Kunden parallel zum Kraftstoff noch ihr Scheibenwischwasser nachzapfen. Das mühsame Umschütten entfällt, die Umwelt wird geschont, aber der Geldbeutel schwitzt.
Die Leitung der Anlage hat Friedrich Steinberg inne, der als Wies’n-Wirt und Betreiber des Hofbräukellers in München sein Gastronomie-Know-how in die Autobahntankstelle einbringen will. An dem Projekt der Tank & Rast habe Steinberg vor allem der Mix aus Tradition und Moderne gereizt: „Einerseits bringt die hochmoderne Anlage bereits heute die Zukunft auf die Straße, was die Energieeffizienz, die Nachhaltigkeit oder das Kraftstoffangebot anbelangt. Andererseits zeugt sie auch von bayrischer Tradition, indem die Architektur bayrische Elemente aufgreift, wie die Terrasse im Biergarten-Stil, und das gastronomische Angebot die bayrische Küche integriert.“
(Autor: Michael Simon; der Artikel erschien in Sprit+10./11.2017)