Das Jahr 2017 wird in die Chronik der Tankstellengeschichte als erfolgreiches Kapitel eingehen. Die agierenden Mineralölkonzerne und mittelständischen Tankstellengesellschaften sprechen ausnahmslos von einem mindestens zufriedenstellenden Jahr, einige wählten in ihrer Bewertung gar das Adjektiv „erfolgreich“, das Shell („extrem) und Orlen („sehr“) gar noch steigerten (mehr ab Seite 6). Dafür, dass es sich bei den Einschätzungen nicht nur um Marketing-Flöterei handelt, sprechen einige Indikatoren.
Da wäre zum einen mal der Fahrzeugbestand: Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erhöhte sich der Bestand in Deutschland zugelassener Kraftfahrzeuge zum Stichtag 1. Januar 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent auf 56,5 Millionen Fahrzeuge; ein Plus von rund einer Million Maschinen, die mit Kraftstoff versorgt werden wollen. Dies überwiegend mit Benzin (65,5 Prozent, +1,6 Prozent) und Diesel (32,8 Prozent, +0,9 Prozent). Alternative Antriebe kommen nun auf eine Stückzahl von knapp 800.000, rund 65.000 mehr als 2017.
Ein zweiter Indikator für die gute Marktsituation ist der Bericht des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Ihm zufolge steigerte der Markt die Inlandsablieferungen für Mineralölprodukte im Jahr 2017 um 3,6 Prozent. Verglichen mit Ottokraftstoffen wurde 2017 mehr als doppelt so viel Diesel abgeliefert: 38,6 Millionen Tonnen (+2,0 Prozent). Auch Biodiesel legte laut Bafa-Zahlen zu, um 2,7 Prozent.
Absatz von E10 sinkt weiter
Der Absatz von Ottokraftstoffen insgesamt steigerte sich um 1,6 Prozent, wobei das am meisten nachgefragte Produkt Super E5 mit 15,4 Millionen Tonnen war (rund 83 Prozent, +1,9 Prozent). Während Super Plus um 1,3 Prozent zulegte, scheint die Lust der Verbraucher am Biokraftstoff E10 weiter zu schwinden (-0,6 Prozent). Der Bundesverband der deutschen Ethanolwirtschaft (BDBE) teilte mit, dass der stagnierende Absatz von Super E10 auch der Grund sei, warum die deutsche Bioethanolproduktion um 8,8 Prozent zurückgegangen sei.
Deshalb fordert Dietrich Klein, Geschäftsführer des BDBE, den Gesetzgeber auf, die Pflicht, die CO2-Emissionen von Kraftstoffen um 6,0 Prozent (derzeit 4,0 Prozent) zu senken, auf das Jahr 2019 vorzuziehen. „Nur so können die klimaschädlichen Emissionen der derzeit mehr als 30 Millionen zugelassenen Autos mit Benzinmotoren deutlich gesenkt werden“, erklärt Klein. Die Kraftstoffunternehmen müssten den Preisvorteil von Super E10 gegenüber Super E5 erhöhen. Das Beispiel Frankreich zeige, was möglich sei: Dort hat Super E10 wegen des Preisvorteils von 4,5 Cent pro Liter im Jahr 2017 einen Marktanteil von 38,8 Prozent erreicht.
Als drittes Merkmal, das dem Tankstellenmarkt Gesundheit attestiert, darf die Entwicklung des Gesamtbestands von Tankstellen herhalten. Die jahrelange Konsolidierungsphase ist endgültig abgeschlossen, viele Player berichteten, sie würden im vergangenen und in diesem Jahr Neubauprojekte vorantreiben. In Zahlen drückt sich das in einem Rückgang von 24 Stationen gegenüber dem Vorjahr aus: Der Energie Informationsdienst (EID) bilanzierte zwei Autobahntankstellen mehr und 26 Straßentankstellen weniger als 2017 und errechnete 14.478 Tankstellen in Deutschland.
Wie im vergangenen Jahr liegt die Wasserstandsmeldung des Bundeskartellamts etwas höher: Im vierten Jahresbericht seit Einführung der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) meldeten zum 1. Dezember 2017 rund 14.750 öffentliche Tankstellen ihre aktuellen Kraftstoffpreise. Abgesehen von dieser Information bot der Bericht keine neuen Erkenntnisse. Derzeit evaluiert übrigens das Bundesministerium für Wirtschaft und Entwicklung (BMWI) Sinn und Zweck der Preismeldestelle. Eine Sprecherin sagte gegenüber Sprit+, mit einer Veröffentlichung sei im ersten Halbjahr 2018 zu rechnen. Vorher wollte sich das Ministerium nicht zur Frage äußern, ob die Meldepflicht wieder zurückgenommen werden könnte.
Margen stellen MÖG zufrieden
Zu guter Letzt steht und fällt das Resümee der Akteure im Tankstellenmarkt natürlich mit den Margen. Diese sind im deutschen Markt verglichen mit dem europäischen Ausland traditionell niedrig, aber aufgrund der schmalen, optimierten Verkaufsstrukturen durchaus zufriedenstellend. Die Beratungsgesellschaft Mackenzie errechnete für den EID Brutto-Tankstellenmargen von 10,19 und 9,23 Cent pro Liter Eurosuper und Diesel. Nach Abzug der Biobeimischungskosten bleiben den Gesellschaften noch rund acht bzw. sieben Cent pro Liter brutto. Netto, mutmaßt der EID, dürften den Gesellschaften damit bis zu zwei Cent pro Liter an Marge übrig geblieben sein.
(Autor: Michael Simon; Der Artikel erschien in Sprit+ Spezial Tankstellennetze)