Die Handelsblatt-Jahrestagung hat sich in zwei Jahrzehnten als ein fester Termin im Kalender der Tankstellenbranche etabliert. Das machte sich an den hochkarätigen Teilnehmern ebenso bemerkbar wie an den namhaften Referenten. So begann die zweitägige Veranstaltung mit zwei Branchengrößen: Stefan Brok, bis Ende 2015 Vorstandsvorsitzender von Aral und seit Anfang des Jahres Geschäftsführer von Oktan, diskutierte mit Andre Stracke, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Bereichs Tankstellen der Westfalen Gruppe, über das Thema „Tankstellen und Convenience Shops gestern und morgen“.
Wie ein solches Konzept der Zukunft aussieht, beschrieb Stracke: „Wir legen Wert darauf, ein gemütliches Umfeld zu schaffen, damit sich der Kunde wohlfühlt. Wir wollen unseren Gästen insgesamt die Verweildauer so angenehm wie möglich machen.“ Ein Mehrwert für den Verbraucher könne an der Tankstelle geschaffen werden, indem der Autofahrer aus neuen Kraftstoffen und einem Mixangebot aus Wasserstoff, Flüssiggas, Strom und Co wählen kann, ein neues Einkaufsfeeling generiert wird und Zielgruppen wie Frauen oder ältere Menschen besser angesprochen werden. Langfristig sollen die Tankstellen auf diese Weise zu einer „Energiestation“ für das Auto sowie für Leib und Seele werden.
Auf der anschließenden Podiumsdiskussion sinnierten Experten, wie Tankstellenshops im Jahr 2030 aussehen könnten. Carsten Nolof, Leiter Food Services bei Total, Matthias Pape, Leiter Food Service bei Aral, Veronika Markwardt, CR Manager D-A-CH bei Shell, und Christian Warning waren sich darin einig, dass die letzten großen Veränderungen im Tankstellenshop die Etablierung des Food-Service-Geschäftes beziehungsweise des Bistrogeschäftes und die Entwicklung der Kaffeekompetenz gewesen seien.
Nun müsse sich die Tankstelle von morgen einer Evolution unterziehen, indem sie mehr Eigenständigkeit erreicht, einen neuen Mehrwert definiert, sich auf Sortimente und Zielgruppen fokussiert und die Themen Kraftstoff, Food und Shop langfristig separiert. Entscheidend würden in Zukunft eine noch genauere Standortspezifizierung sowie die Berücksichtigung der Essgewohnheiten sein. Potenziale lägen hier vor allem im Mittags- und Nachmittagsgeschäft. Technische Fortschritte wie Mobile Order oder Mobile Payment gelte es dabei, bewusst in neue Konzeptansätze zu implementieren.
Hohe Ansprüche der „Millennials“
In einigen Vorträgen kamen auch die veränderten Ansprüche der sogenannten Millennials zur Sprache, die Tankstellen in ihren Konzepten berücksichtigen sollten. Dabei handelt es sich um die Zielgruppe von morgen, die zwischen 1980 und 1995 geboren wurde und ihre Jugend um die Jahrtausendwende verbracht hat. Diese Generation möchte nicht nur gesund, geschmacklich und qualitativ hochwertig, sondern auch besonders frisch und schnell in einem ansprechenden Ambiente essen.
Frische hält auch Lekkerland-CEO Michael Hoffmann neben Mobilität und Convenience nach wie vor für ein zentrales Thema der Branche. Im Interview mit Hans Jürgen Krone, Chefredakteur von Catering Inside, sprach er zum Thema Konsumentenwünsche der Zukunft. Chancen bieten hier Differenzierung, Individualisierung und generelle Digitalisierung – immer vor der Zielsetzung, ein bequemes Einkaufserlebnis für den Konsumenten zu schaffen. Auf Sortimentsebene werden nach wie vor Chancen im Bereich „verantwortungsvoller Genuss“ von Süßwaren, Getränken sowie Tabakwaren gesehen. Dennoch seien neue Impulse aus anderen Kategorien sowohl im Food- als auch im Non-Food-Bereich auf dem Weg zum Erfolg unumgänglich.
Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 4.2016