Mineralöl hat nach wie vor einen hohen Stellenwert und wird weiterhin bedeutsam sein. Davon ist Udo Weber, Vorsitzender des Bundesverbands mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti), überzeugt. „Aber wir haben ein Problem: Wir sind politisch nicht gewollt“, sagte er in seiner Begrüßungsrede anlässlich der Wintertagung in München. Und auch wenn die Nachfrage nach Mineralöl weltweit weiter zunehmen wird, wie der BP Energy Outlook Report voraussagt, steigt zugleich die Bedeutung von regenerativen Energien, schon allein aus Gründen des Klimaschutzes.
„Wir als Uniti fühlen uns den Zielvorgaben des Klimaschutzabkommens von Paris absolut verpflichtet. Ein ‚Weiter so‘ kann somit nicht der Weg sein“, betonte Weber. Doch die Maßnahmen, die die deutsche Politik ergreifen wolle, setze nicht auf eine energiepolitische Evolution, sondern eher auf eine Revolution mit dem Ziel einer whole electric society (vollelektrische Gesellschaft). Eine Revolution habe aber oftmals populistische Inhalte und scheitere an realen Begebenheiten, kritisierte der Uniti-Vertreter. Aus Sicht des Verbandes liegen die Hauptprobleme einer whole electric society an drei Faktoren: erstens an den physikalischen Problemen, zweitens an Umweltverträglichkeitsproblemen speziell bei der Herstellung und Entsorgung der Batterien sowie drittens in der gesellschaftlichen Akzeptanz.
Ideologisch geführte Diskussion
„Politik ist bestimmt von populistischen Schnellschüssen, das technisch Machbare und gesellschaftspolitisch Umsetzbare wird negiert“, kritisierte Weber und ergänzte: „Klima- und Energiepolitik ist bei uns geprägt von Ideologien, von persönlichen kurzfristigen Zielen und der Vorstellung, Zukunft planen, anstatt diese im Rahmen einer Evolution gestalten zu können.“
Dass es sich dabei nicht um sachliche, sondern um ideologische Politik handelt macht der Verband aktuell an der Diskussion um die Dieseltechnologie fest. „Die Softwaremanipulation der Automobilindustrie war ein großer Fehler. Aber daraus zu schließen, dass Diesel gleich schmutzig ist, ist falsch“, betonte der Vorsitzende. Eine Strafe für die Hersteller könne auch darin bestehen, eine Nachrüstpflicht für spezielle Dieselgenerationen mit der SCR-Technologie (selektive katalytische Reduktion) zu verhängen.
Zur Ehrenrettung des Diesels hat der Verband eine Liste aus zwölf Vorteilen des konventionellen Kraftstoffes herausgearbeitet: Dazu zählt neben dem erheblichen CO2-Einsparpotenzial unter anderem die Tatsache, dass das Thema NOx-Emissionen in Verbindung mit Adblue und der SCR-Technologie zu vernachlässigen sei. „Zusammenfassend kann man sagen, dass eine bestehende Technologie mit weiterem Umweltpotenzial wie der Diesel zerstört wird, ohne eine echte Alternative zu haben“, resümierte Weber.
Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllen zu können, fordert die Uniti eine Kraftstoff- und Brennstoffwende für Deutschland und Europa. „Ein Umdenken weg von der whole electric society hin zu einer klimaverantwortlichem Diversität ist geboten“, konkretisierte Weber. Wichtig dabei sei die Versorgungssicherheit als Grundpfeiler einer Industrienation, die aus wirtschafts- und sozialpolitischer Sicht an erster Stelle stehe.
Aber auch globale Zusammenhänge gelte es beim Klimaschutz zu berücksichtigen, denn das Klima sei nicht national zu retten. Dafür müssen bei Kraft- und Brennstoffen Systemlösungen gefunden werden, die weltweit zur Reduktion von Emissionen führen. „Lokalverbote, wie sie gerade diskutiert werden, sind populistisch und führen nicht wirklich zum Klimaschutz“, war der Uniti-Vorsitzende überzeugt.
Energiepolitik müsse außerdem technologieoffen sein und einem Wettbewerb unterliegen. „Technologieeinschränkungen auf Strom sind kontraproduktiv und verhindern Innovationsvielfalt und Entwicklungsalternativen“, betonte Weber. Zu einem Energiemix gehöre der reine Wasserstoff genauso wie biogene Kraftstoffe aus Reststoffen. Aber auch die E-Mobilität im Segment sei ein Thema. Nur im Wettbewerb der Alternativen können sich der beste Weg und Preis entwickeln, „da Bezahlbarkeit ein Kernelement der sozialen Marktwirtschaft ist.“ Wenn Umweltpolitik dagegen über Sozialpolitik stehe, verliere die Politik die Menschen. Und ohne die Menschen, die die Wege mitgehen, scheitere die Umweltpolitik.
Die Uniti verfolgt außerdem das Ziel, sektorübergreifende flüssige Kraft- und Brennstoffe wie E-Fuels als Alternative zu prüfen und zu diskutieren. Dafür war der Verband an der Erstellung zweier großer Studien beteiligt, bei denen die wirtschaftlich sinnvolle Herstellung und Vermarktung von flüssigen Kraft- und Brennstoffen untersucht wurde. Dabei wurden Projekte bewertet, bei denen regenerative Energien in Regionen der Welt wie Afrika produziert werden, in denen es ökonomisch sinnvoll ist. Durch die Produktion von regenerativer Energie könne man einerseits die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort fördern und andererseits die Energie nutzen, um flüssige Kraftstoffe herzustellen wie zum Beispiel Wasserstoff als Rohstoff für E-Fusels, erklärte Weber.
Akzeptanz bei der Bevölkerung
Als Vorteile dieser Technologie nannte er, dass Brennstoffzellen klimafreundlich sind, weil sie treibhausgasneutral hergestellt werden können. Außerdem sind sie kompatibel mit herkömmlichen Heizsystemen und Fahrzeugen und damit im gesamten Bestand einsetzbar. „Bei E-Fuels braucht man keine Investitionen in die Infrastruktur, da sie in Form von Tankstellen bereits vorhanden ist“, sagte Weber. Damit können E-Fuels Brücken- und Zieltechnologie zugleich sein. Auch die Bezahlbarkeit für den Verbraucher sei gesichert, da E-Fuels mittelfristig zu einem Preis von einem Euro pro Liter hergestellt werden können. „Damit erreichen wir eine hohe Akzeptanz bei der Bevölkerung“, war der Redner überzeugt.
„Beim Thema synthetische Kraftstoffe steigt deutlich die Dynamik. Auch im aktuellen Koalitionsvertrag ist dieses Thema bereits reingeschrieben. Das ist ein Riesenerfolg“, sagte Weber. Das Thema sei damit in der Politik angekommen und keine reine Vision mehr. „Ziel ist es, wegzukommen von einer reinen nationalen Planwirtschaft in Deutschland hin zu einer Marktwirtschaft, bei der Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit eine Rolle spielen“, schloss der Uniti-Vorsitzende seine Rede.
(Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 4/2018)