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Wasserstoff: Die Transformation kommt

08.04.2024 08:04 Uhr | Lesezeit: 4 min
H2 Now Geschäftsführung Stefan Schwarzer
© Foto: Privat

Stefan Schwarzer, Geschäftsführer von H2 Now, spricht im Interview über Weitsicht, grüne Wasserstoffquellen und ein starkes Netzwerk, aber auch über Hemmnisse wie fehlende Verlässlichkeit und Fahrzeugverfügbarkeiten in Sachen Wasserstoff.

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Sprit+: Herr Schwarzer, Sie sind jetzt seit acht Monaten Geschäftsführer bei H2 Now. Wie sieht eine normale Arbeitswoche bei Ihnen aus, welche Projekte beschäftigen Sie?

Stefan Schwarzer: Meine Arbeitswoche ist mit vielschichtigen Aufgaben gefüllt. Neben dem strukturellen Aufbau des Unternehmens stehe ich mit vielen Marktteilnehmern in Kontakt, um die von uns angestrebten Kooperationen zu schließen. Erhaltene Projekte entlang der Routen der Schwerlastverkehre beschäftigen mich stark. So werden diese Projekte bereits jetzt für die in diesem Jahr erwarteten Förderaufrufe von uns vorbereitet.

Was sind bisher Ihre bemerkenswertesten Erfahrungen in der Branche?

Mich begeistert aktuell, dass so viele Unternehmen bereits vor acht bis zehn Jahren damit begonnen haben, sich auf die sich ankündigende Transformation vorzubereiten. So wurde mit viel Weitsicht begonnen, weitere Expansionsflächen an zukünftig attraktiven Tankstellenstandorten zu sichern. Dies mit dem klaren Ziel, in der zukünftigen Energieversorgung in der Mobilität weiter eine führende Rolle einzunehmen.

Und was fordert Sie derzeit am meisten heraus?

Dies ist klar die Politik! Fehlende Verlässlichkeit bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Versäumnisse beim schnellen Aufbau von Fahrzeugverfügbarkeiten sowie beim zügigen Ausbau grüner Wasserstoff-Quellen sind klar zu benennen. Die Politik hat für alle Marktteilnehmer ambitionierte Ziele gesetzt und schafft es aktuell nicht, die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen innerhalb der geplanten Zeitachsen zu schaffen.

Lassen Sie uns über das noch recht junge Unternehmen H2 Now sprechen. Erläutern Sie uns bitte das Unternehmen.

Wir verstehen uns als zentraler Dienstleister für die Konzeption, Errichtung und Umsetzung eines deutschlandweiten Wasserstoff-Tankstellennetzes. Über die Beschaffung, den Handel und die Logistik von grünem Wasserstoff ist die Versorgung für die Mobilität aller Fahrzeuge sichergestellt. Langfristig geht das mit Handel, Vermietung und Leasing wasserstoffbetriebener Fahrzeuge einher. Dazu stehen wir den Gesellschaftern, Partnern und politischen Ansprechpartnern mit unserer Erfahrung und unserem Knowhow zur Seite.

Gibt es regionale Schwerpunkte für die eben genannte Konzeption, Errichtung und Umsetzung des Wasserstoff-Tankstellennetzes?

Generell werden unsere Wasserstofftankstellen an Standorten entstehen, wo es möglich ist, hohe Absätze zu erzielen.

Welche Standorte oder Bereiche sind das konkret?

Aus unserer Sicht sind das folgende Bereiche: Standorte entlang hochfrequentierter Strecken der Schwerlastverkehre wie Autohöfe oder Mobility-Hubs; Logistikzentren mit einem hohen Aufkommen an Lkw oder Gabelstaplern; im Umfeld von grünen Wasserstoffquellen wie Windparks, PV-Großanlagen, Biomasseanlagen und zukünftigen Pipelines; Betriebe des ÖPNV; Betriebe mit regelmäßigen Pendelverkehren; Unternehmen, die bereits jetzt die vorhandenen Flotten auf Wasserstofffahrzeuge umstellen wollen; konventionelle Tankstellen, die über einen hohen Absatz an Diesel verfügen und Expansionsflächen bieten; Flughäfen mit hohen Transportaufkommen (Busse).

Sie haben vorhin über Gesellschafter gesprochen. Wie viele Gesellschafter haben Sie bisher gewonnen?

Wir freuen uns, dass wir bereits ein starkes Mittelstandsnetzwerk aufbauen konnten. Folgende Unternehmen haben sich beteiligt und bilden die solide Grundlage, um das gemeinsame Ziel eines nationalen Wasserstoff Tankstellennetzes zu erreichen: Feldhaus Energie, Kuttenkeuler, Lother Gruppe, Mönneke Energiehandel, Score und Sprint.

Außerdem ist H2 Now Mitglied beim bft. Warum? Welche Chancen sehen Sie in der Mitgliedschaft?

Die Mitgliedschaft im bft ist für uns ein logischer Schritt. Im Verband sind die für uns wichtigen Unternehmen vertreten, welche heute schon jeden Tag die Energieversorgung in der Mobilität gewährleisten. Alle Unternehmen verfügen über enorme Erfahrungen bei dem Betrieb von Tankstellen. Deren Tankstellennetze liegen bereits entlang der Routen der schweren Verkehre und sie verfügen über den Zugang der regionalen Netzwerke. Und diesen Unternehmern ist bereits bewusst, dass die Transformation kommt. Deren Ziel ist es, auch in Zukunft eine führende Rolle in der Energieversorgung für die Verkehre zu besetzen.

Wie viele Wasserstoff Tankstellen hat H2 Now derzeit in Planung, wie viele werden voraussichtlich 2024 errichtet?

Wir haben bereits eine stattliche Anzahl von Projekten in der Umsetzung und auch das Anfragevolumen von Interessenten nimmt stetig zu. Im Jahr 2024 wird voraussichtlich mit dem Bau der ersten Wasserstoff Tankstellen begonnen, soweit der Fördermittelgeber die noch ausstehenden Fördermittelzusagen gibt. Weitaus wichtiger ist, dass für 2024 zwei Förderaufrufe erwartet werden. Wir setzen aktuell unseren Schwerpunkt darauf, möglichst viele Wasserstoff Tankstellen unserer Partner in die Förderprogramme einzureichen.

Stichwort Förderaufrufe: Warum kommt der Ausbau der Wasserstoff-Tankstellennetzes noch immer nur schleppend voran? Förderprojekte und Anreize gäbe es ja.

Die fehlenden Fahrzeugverfügbarkeiten sind zusammen mit den fehlenden grünen Wasserstoffquellen die größten Hemmnisse. Ohne Quellen und Fahrzeuge wird es zu keiner schnellen Skalierung der Mobilität mit wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen kommen.

Sicherlich hilft die Förderung einer Wasserstoff Tankstelle, die hohen Investitionskosten zu senken. Aber nur mit einer wachsenden Kundenbasis wird eine Wasserstoff Tankstelle für Investoren mittelfristig Erträge erwirtschaften.

Wann ist die Kundenbasis groß genug, sprich: Wann wird es genug Fahrzeuge geben?

Fahrzeuge werden ab 2024 bis Anfang 2025 in größeren Mengen verfügbar sein. Die nationalen Hersteller werden in die Serienfertigung von Wasserstoff-Lkw gehen.

Zudem wird in den nächsten Jahren die Elektrolyse-Kapazität ausgebaut und damit mehr grüner Wasserstoff verfügbar werden. Parallel entsteht das Wasserstoffkernnetz, welches im Nachgang importierten Wasserstoff in der Fläche verfügbar machen wird. Aber auch in diesem Bereich sind wir auf günstigen regenerativen Strom angewiesen, um die Produktionskosten für Wasserstoff zu senken. Beide Bereiche werden nach unserer Einschätzung zu einer Marktaktivierung zwischen 2028 und 2030 führen.


Wie gelingt es, die Produktion von grünem Wasserstoff großvolumig nach oben zu fahren? Wasserstoff muss komprimiert oder verflüssigt werden. Das ist ein sehr energieintensiver Prozess. Woher soll diese Energie kommen?

Zunächst einmal durch die Fortführung eines zügigen Ausbaus der Kapazitäten der regenerativen Erzeugung von Strom aus Wind, Sonne sowie Biomasse. Die Verteilernetze müssen ertüchtigt werden, um die produzierten Mengen national verteilen zu können. Dann ist zum einen der Aufbau von Elektrolyse-Kapazitäten nötig, um überschüssigen Strom in Wasserstoff umzuwandeln, und zum anderen der Aufbau regenerativer Stromerzeugung in Europa und Ländern mit optimalen Standortbedingungen für Windkraft- beziehungsweise Solaranlagen.

Um die Kosten für Umwandlung und Transport niedrig zu halten, brauchen wir eine Anbindung der fernen Produktionsanlagen via Pipeline. Und schließlich muss ein ausreichender Speicher aufgebaut werden, damit erzeugter beziehungsweise importierter Wasserstoff gespeichert werden kann.

Wie viel Wasserstoff werden wir importieren?

National werden wir über regenerative Quellen etwa 14 Prozent des nationalen Bedarfs an Wasserstoff decken können. Rund 86 Prozent des Bedarfs werden über Importe abgedeckt werden müssen.

Wir gehen übrigens davon aus, dass Wasserstoff meist gasförmig eingesetzt wird. Die Verwendung von flüssigem Wasserstoff (Kühlung auf minus 253 Grad) verbraucht zu viel Energie und ist im Einsatz kritisch, trotz attraktiver Energiedichte.

Ist eine Wasserstoff Tankstelle mit einer herkömmlichen vergleichbar?

Nein, die Anforderungen einer Wasserstoff Tankstelle lassen sich nicht mit denen einer konventionellen Tankstelle vergleichen. Die vorhandenen Erfahrungswerte der konventionellen Tankstellen mit flüssigen Energieträgern können nicht übertragen werden. Beim Tankstellenbau sind neue und umfangreiche Vorgaben einzuhalten.

Die da wären?

Eine Wasserstoff Tankstelle hat zunächst einmal den Vorteil, dass die gesamte Anlagentechnik oberirdisch aufgebaut wird. Dies vermindert die Baukosten gegenüber herkömmlichen Tankstellen im Bereich Tiefbau.

Die Bevorratung des Wasserstoffs erfolgt gasförmig in Trailern. Bis zu drei Trailer versorgen die Tankstelle. Wasserstoff wird aus den Trailern mit einem Druck von bis zu 500 bar entnommen und über den Dispenser in der gewünschten Druckstufe (350 oder 700 bar) an die Fahrzeuge abgegeben. Für den Tankvorgang wird Wasserstoff aus den Trailern entnommen und über Kompressoren in sogenannte Mittel- und Hochdruckspeicher bereitgestellt. Bei dem Tankvorgang wird der Wasserstoff durch Kühlsysteme geführt, da sich dieser beim Druckaufbau stark erwärmt.

Die richtige Auswahl der technischen Komponenten und Dimensionen hat im Realbetrieb starken Einfluss auf die laufenden Betriebskosten der Wasserstoff Tankstelle. Werden hier Fehler in der Auslegung gemacht, wirkt sich dies negativ auf die Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit der Tankstelle und damit auf den Ertrag aus.

Welche Punkte sprechen für Wasserstoff, etwa im Vergleich mit Elektromobilität?

Wasserstoff bietet für die schweren Anwendungen genügend Leistung, um die Anforderungen im Realbetrieb zu erfüllen. Folgende Punkte sprechen für Wasserstoff: kurze Tankzeiten; höhere Fahrzeugverfügbarkeit; weniger Stand-, mehr Fahrzeit; geeignet für Fahrprofile mit hoher Steigleistung; hohe Reichweiten von 800 Kilometern mit einer Tankfüllung; keine Reichweitenverluste durch niedrige Umgebungs-Temperaturen; gleichbleibende Systemleistung über den Lebenszyklus des Fahrzeugs; geringerer Platzbedarf der gegenüber E-Ladeplätzen; die maximale Nutzlast der Fahrzeuge bleibt erhalten; Nutzung des vorhandenen Erdgasnetzes als Verteilersystem; Einbindung regionaler H2-Quellen möglich; Vermeidung von Lastspitzen im Stromnetz.

Was fasziniert Sie am Wasserstoff?

Mich begeistert an Wasserstoff, dass wir am Anfang der Entwicklungen stehen. Und ich bin sehr sicher, dass wir noch viele neue Lösungen finden werden. Diese Ideen werden Fahrzeuge, Speicher, die Energieausbeute weiter steigern und somit den Gebrauchsnutzen für die Anwender erhöhen. Dies ist für unser Land auch eine Chance, verlorene Wirtschaftskraft durch Kompetenzen in dieser Technologie zurückzugewinnen. Zudem ist die Nutzung dieser Fahrzeuge für die Fahrer einfach und unkompliziert. Und ist es nicht das, was wir brauchen?

Mit Sicherheit. Das Tanken von E-Fuels wäre aber auch einfach und unkompliziert. Warum setzen Sie sich ausgerechnet für Wasserstoff ein und nicht etwa für E-Fuels oder HVO? Wäre Letzteres nicht sinnvoller angesichts der bestehenden Verbrennerflotte, für die dringend alternative Kraftstoffe gebraucht werden?

Unsere Gesellschafter machen genau das, was Sie als Frage formuliert haben. Sie verfolgen die vielversprechendsten Technologiepfade. Synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff!

H2 Now wurde gegründet, um den Pfad "Wasserstoff" mit hoher Geschwindigkeit zu entwickeln. Bei Wasserstoff kann nicht auf die bestehende Infrastruktur der flüssigen Kraftstoffe zurückgegriffen werden. Das gesamte Tankstellen- und Logistikkonzept muss neu entwickelt und weiter optimiert werden. Zudem müssen viele Hürden bis zur Marktaktivierung überwunden werden. Um dies zu bewerkstelligen, wurde die H2 Now gegründet. Andre Stracke und ich haben diese spannende Aufgabe angenommen, um diesen neuen Pfad kraftvoll zu entwickeln.

Wir sehen E-Fuels und HVO als ganz wichtigen und sinnvollen Baustein in der Energiewende und wir können nicht verstehen, warum dies derart geblockt wird. Gerade bei unseren gesetzten Umweltschutzzielen muss dies von der gesamten Politik aktiv unterstützt werden. Wir könnten damit jetzt schon so viel erreichen! Ich denke da an die hohe CO2-Reduktionsrate für bestehende Flotten oder die problemlose Nutzung der vorhandenen Infrastruktur. E-Fuels und HVO eignen sich außerdem für bestehende Fahrzeugflotten sowie für Schiffe mit Großmotoren oder als flüssiger Treibstoff für Flugzeuge.

Der Umwelt ist es egal, auf welchem idiologischen Pfad CO2 eingespart wird. Hauptsache, die Reduktion wird erzielt. Verfügbare Fahrzeuge noch mit den richtigen Kraftstoffen zu nutzen, spart ebenfalls viel CO2 ein.



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