Wer zwischen 1995 und 2010 geboren ist, gehört zur sogenannten "Generation Z" (Gen Z). Genaue Jahrgangsangaben schwanken je nach Definition, aber fest steht: Vertreter der Gen Z sind seit ein paar Jahren Teil des Arbeitsmarkts oder werden es gerade. Mit ihnen kommen für die Unternehmen neue Herausforderungen in den Arbeitsalltag. Zu dieser Erkenntnis gelangt zumindest eine Generationen-Auswertung auf Basis von zwei Forsa-Studien im Auftrag des Job-Netzwerks Xing und von Onlyfy by Xing – beides Marken der New Work.
"Für die Gen Z stehen Flexibilität und Agilität ganz oben auf der Agenda. Diese Generation ist nicht gekommen, um lange bei einem Arbeitgeber zu bleiben. In Fachkreisen gelten Arbeitnehmer dieser Generation daher bereits jetzt zu den illoyalsten Jobbern aller Zeiten", sagt Julian Stahl, Head of Market Intelligence, New Work. "Die Generation ist hoch qualifiziert, aber auch dynamisch und wechselwillig – Mitarbeiterbindung und strategisches Recruiting werden damit für Unternehmen wichtiger denn je. Denn schon 2030 wird die Generation Z zusammen mit den heutigen Millennials eine der wichtigsten Gruppen am Arbeitsmarkt sein."
Die 22-jährige Angelina Hoppe, geboren im Jahr 2001, ist aktuell im zweiten Lehrjahr in ihrer Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau beim nordrhein-westfälischen Mineralölanbieter Gebrüder Derksen. Sie betont, was Wunsch nach Flexibilität und Dynamik aber nicht bedeutet: "Unsere Generation will nicht weniger arbeiten, ist also nicht arbeitsscheu - das gilt zumindest für mich und alle meine Freunde, die teils neben ihrem Studium noch einen weiteren Job ausüben", sagt Hoppe und beschreibt, was sie für charakteristisch für ihr Alter hält: "Wir räumen privaten Belangen mehr Zeit ein, der Stellenwert der Arbeit hat sich also verändert - was aber nicht ein geringeres Engagement im Beruf bedeutet."
Wie praktisch in ihrem Fall, dass da Familie und Freunde auch mal kurz im Tankstellenshop "Hallo" sagen können. In einem Bürojob ginge das nicht. Für mehr als ein kurzes "Hallo" ist im Dienst aber natürlich keine Zeit. Entsprechend sind Hoppe neben einem guten Gehalt flexible Arbeitszeiten wichtig, um Familie und Freunde trotz der Arbeit nicht vernachlässigen zu müssen.
Auch ein gutes Arbeitsklima, in dem Kollegen zu Freunden werden, und Spaß bei der Arbeit zählen für sie zur Grundvoraussetzung, sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden. Sie hatte bereits vor ihrer Ausbildung einen Minijob bei dem Familienunternehmen Derksen absolviert, dessen Portfolio in der zweiten Generation von Tankstellen über Autowaschstraßen und Autofreiwaschplätze bis hin zu Gastronomie reicht. "Ich bin froh, bei Gebrüder Derksen zu unterschiedlichen Arbeitszeiten arbeiten zu können", so Hoppe. "Müsste ich immer von 8 bis 18 Uhr arbeiten, wäre das für mich ein Ausschlusskriterium." Da kommt ihr der Schichtdienst inklusive Wochenendarbeit bei einer Tankstelle gelegen. Auch ein guter Draht zum Vorgesetzten, der offen ist für Probleme der Mitarbeiter, ist der 22-Jährigen wichtig.
Homeoffice, Workation oder Sabbatical
"Die heute nachrückenden Generationen geben am Arbeitsmarkt zunehmend den Ton an, sind zugleich aber ein knappes Gut. Unternehmen müssen versuchen, die Bedürfnisse junger Beschäftigter besser zu verstehen und sich überlegen, wie sie für sie eine passende Unternehmenskultur schaffen. Wer nicht über Benefits wie Homeoffice, Workation oder Sabbatical nachdenkt, wird einen Teil dieser Generation als Arbeitgeber erst gar nicht erreichen", sagt Stahl von New Work.
Den Mineralölgesellschaften ist bewusst, dass sie als Arbeitgeber um die Gen Z als junge Arbeitnehmende härter kämpfen müssen als früher. Bei Westfalen sind von den insgesamt 1.949 Mitarbeitern 65 Auszubildende in 16 Berufen. "Aktuell haben wir 170 Mitarbeiter der Gen Z – also der Jahrgänge von 1995 bis 2010 – das sind Azubis, ehemalige Azubis, Studierende, Praktikanten und Umschüler", berichtet Kimberley Millbaier, Ausbildungsleiterin bei Westfalen. Dass die "Jugend von heute" so anders sei als frühere Generationen, sage man über fast jede Generation, meint sie schmunzelnd. Ihre Erfahrung: "Die Gen Z ist genauso engagiert wie jede andere auch. Tatsächlich ist aber die Einstellung zur Arbeit in diesen Jahrgängen eine andere: Freizeit und Privates sollen eine große Rolle im Leben spielen – und das kommuniziert die Gen Z auch sehr deutlich, genau wie andere berechtigte Ansprüche und Wünsche."
"Bei einem Arbeitgeber zu starten und dort bis zur Rente zu bleiben, das gibt es nicht mehr."
Kimberley Millbaier, Ausbildungsleiterin bei Westfalen
Genz holt sich Infos in den sozialen Medien
Auch Sinnvermittlung bei der Arbeit, Arbeitsplatzsicherheit und den Wunsch danach, für die Ausbildung eher nah am Elternhaus zu bleiben und bei der Arbeit Verantwortung zu übernehmen und sich gerne in sozialen Projekten zu engagieren, beobachtet Millbaier verstärkt in der Gen Z. "Vor allem ist aber auch das Thema Verbindlichkeit in dieser Generation eine andere", erläutert sie. "Bei einem Arbeitgeber zu starten und dort bis zur Rente zu bleiben, das gibt es nicht mehr." Als Arbeitgeber habe man die Aufgabe, sich auf diese Eigenheiten einzustellen und Lösungen anzubieten.
Ein entscheidender Punkt für Änderungen bei den angehenden Arbeitnehmern: Der Arbeitgebermarkt hat sich zu einem Bewerbermarkt entwickelt, Arbeitsuchende haben die (Aus-)Wahl - und junge Arbeitnehmer nach der Schule ohnehin zahlreiche Möglichkeiten neben den Klassikern Ausbildung, Studium und Arbeitsstart. Folglich müssen die Unternehmen um die Gen Z konkurrieren - und das beständig. "Das Recruiting und das Azubi-Marketing laufen ganzjährig, gleichzeitig arbeiten wir beständig daran, unsere Prozesse zu beschleunigen, um schneller als die Konkurrenz zu sein", so Millbaier.
Um die Gen Z zu erreichen, die mit Smartphones aufgewachsen ist und für die Digitalisierung gelebte Normalität ist, ist Westfalen auf diversen Kanälen unterwegs. Auf Social Media zum Beispiel – Instagram, (demnächst) Tiktok, Facebook, LinkedIn und Xing; über die letzten beiden spricht Westfalen allerdings eher Studierende, Fachkräfte oder auch die Eltern potenzieller Azubis an. Wobei Millbaier da differenziert: "Azubis informieren sich primär auf den Karriereseiten von Unternehmen über ihre Möglichkeiten. Natürlich ist es aber wichtig, auch auf Social Media präsent zu sein, da sich die Interessenten, die wir im ersten Schritt von uns überzeugen konnten, dort ein Bild über die Unternehmenskultur machen können."
Bei Westfalen bespielen die Azubis den Instagram-Kanal des Unternehmens übrigens weitestgehend selbstständig – mit Unterstützung des Marketingteams. "Das ist authentisch und kommt dem Wunsch der Auszubildenden nach, eigene Projekte zu verantworten", so Millbaier.
Hoppe bestätigt: "Na klar, wir schauen auch auf Instagram und Co, wie sich ein Unternehmen präsentiert, bevor wir uns dort bewerben. Auf diesem Kanal bekommt man zudem sehr schnell und gut mit, wenn es Angebote für unsere Generation gibt." Auch mit Google Ads, Bannern, auf Ausbildungsportalen, offline auf Ausbildungsmessen und durch Kooperationen mit Schulen engagiert sich Westfalen neben den Aktivitäten auf den sozialen Medien, um die Gen Z abzuholen.
Haben sich junge Arbeitnehmer erst einmal für Westfalen entschieden, gilt es, sie dauerhaft an das Unternehmen zu binden. Millbaier: "Neben attraktiven Rahmen-bedingungen wie Gehalt, Benefits und Zusatzleistungen muss dafür die Ausbildungsqualität hochgehalten werden - mit qualifizierten Ausbildern, Schulungen und einer guten Ausstattung wie Laptops in kaufmännischen Ausbildungsberufen." Des Weiteren legt Westfalen Wert darauf, Azubis Perspektiven aufzuzeigen und anzubieten, etwa ein Studium im Anschluss an die Ausbildung mit paralleler Werkstudententätigkeit bei Westfalen, Praktika im Ausland oder eine direkte Festanstellung.
Auf der Webseite von Westfalen erhält man handfeste Informationen, was Auszubildende hinsichtlich Arbeitszeiten, Gehalt, Work-Life-Balance und Mobilitätsangeboten erwarten können. "Transparenz ist schon im Auswahlverfahren wichtig angesichts der hohen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt", erklärt Millbaier die Strategie. Auch intern stellt sich Westfalen auf die "jungen Flexiblen" ein - und das kontinuierlich durch ständigen Austausch mit der Gen Z. "Mehrmals jährlich treffen wir uns zudem mit den Ausbildern und Ausbildungsbeauftragten, um Trends zu besprechen oder auch um Tools zu vermitteln", so Millbaier. Zum Beispiel: "Wie reagiere ich als Führungskraft, wenn der Azubi eine neue Aufgabe hinterfragt?"
Das ist nichts Schlimmes
Bei aller Besonderheit der Gen Z: "Der gesamte Arbeitsmarkt wandelt sich, sodass man sich als Unternehmen auf die Anforderungen einstellen muss, die die Gen Z, aber auch ältere Fachkräfte stellen können", resümiert Millbaier. "Die Gen Z ist nicht komplett anders als vorherige und unterscheidet sich trotzdem wie jede andere von der vorherigen. Aber das ist nichts Schlimmes. Vielmehr ist es für ein Unternehmen wichtig, sich darauf einzustellen und diese Charakteristika für sich zu nutzen."