Mit 300 Tankstellen hat die OMV aktuell das elftgrößte Netz der Bundesrepublik. Angefangen hat die Geschichte des österreichischen Mineralölkonzerns in Deutschland vor genau 25 Jahren: mit einer Tankstelle in Freilassing an der deutsch-österreichischen Grenze, nachdem die OMV bereits die Raffinerie in Burghausen übernommen hatte. Nur vier Wochen hat es damals gedauert, bis die Station unter dem blau-grünen ÖMV-Logo – damals hatte die Marke noch ein Ö statt eines O im Namen – den Betrieb aufnahm.
Möglich machte diesen schnellen Start ein gebürtiger Kölner, der zu diesem Zeitpunkt schon 32 Jahre in der Tankstellenbranche tätig war: Horst Ebert. Als er Anfang der 90er bei der mittelständischen Mineralölgesellschaft Allguth in München arbeitete, wurde er von einem Headhunter gefragt, ob er den Netzaufbau der OMV in Deutschland leiten wolle. „Ich fand die Möglichkeit, etwas Neues aufzubauen, hochinteressant und habe zugesagt“, erinnert sich Ebert. Aus der einen OMV-Tankstelle wurden unter anderem durch Aufkäufe und Übernahmen von Netzteilen anderer Gesellschaften schnell Dutzende. 2007, als Ebert in den Ruhestand ging, hatte er ein Netz mit 411 OMV-Stationen gewoben.
Nierentisch und Wandregal
In seinen 16 Jahren als Tankstellenleiter bei der OMV hat Ebert die Entwicklung der Branche hautnah miterlebt. Die Frage, ob sich der Markt in dieser Zeit sehr verändert habe, beantwortet er eindeutig mit Ja. Das spiegele sich vor allem im Aufbau und Angebot der Stationen wider. „In meinen Anfangsjahren gab es viel mehr kleine Tankstellen in Einzelbetreibung mit zwei Zapfsäulen und einem vielleicht 20 Quadratmeter großen Verkaufsraum mit Nierentisch und Wandregal“, erzählt der Wahlbayer und ergänzt: „Das Regal könnte ich heute noch aufmalen: Es gab acht Pakete Watte, drei Reservekanister, zwei oder drei Kreuzschlüssel, ein bisschen Politur und vielleicht konnte man noch zwischen zwei Zeitungen wählen. Das war’s.“
Inzwischen haben sich Tankstellen zu 24-Stunden-Servicestationen mit Selbstbedienung entwickelt, bei denen sich der Absatz von Kraftstoff pro Station vervierfacht hat. Herzstück der Tankstelle ist der Shop mit oftmals mehreren 100 Quadratmetern Fläche, der enorm an Bedeutung und Komplexität gewonnen hat. „Heute finden Sie in einer Tankstelle 5.000 und mehr Artikel. Allein der Bereich Zeitungen ist immens gewachsen“, sagt Ebert. Hinzu kommt die Organisation der Shops, die oft mit großen Getränkemärkten ausgestattet sind, und die bis ins Detail durchdachte Platzierung der Artikel und Laufzone. „Das ist eine ganz eigene Philosophie.“
Auf Augenhöhe
Obwohl sich die Tankstellen in Gestaltung und Angebot weiterentwickelt haben, ist das Verhältnis zwischen den Unternehmern und Mineralölgesellschaften laut Ebert unverändert geblieben: „Ich glaube, dass die Gesellschaften und Partner immer auf einer Augenhöhe waren.“ Schließlich wollen ja beide Vertragspartner die vertretene Marke erfolgreich im Markt platzieren und möglichst viele Kunden an die Tankstelle locken. Dafür stelle die Gesellschaft für bis zu eine Million erst einmal den neuen Standort und das Gesamtangebot hin und der Unternehmer bringe seine Schaffenskraft mit ein. „Wenn dann beide Seiten unterm Strich an der Tankstelle verdienen, ist es eine faire Partnerschaft“, ist Ebert überzeugt.
Seit achteinhalb Jahren ist Ebert nun im Ruhestand. Langweilig wird ihm aber nicht. „Mein Hobby ist meine Frau, mit der ich seit fast 50 Jahren verheiratet bin“, sagt der 73-Jährige. Und hin und wieder übernimmt er noch Beratungsaufträge für die Branche, „aber alles ohne Hektik“, denn: „Ich genieße es, in Ruhe zu frühstücken und meine Zeitung zu lesen. Ich habe in meinem Leben so viel gearbeitet. Irgendwann ist es genug.“ (ab)