Herr Hömmen, für die Herstellung und Auslieferung Ihrer Preisanzeigen muss PWM dem Bauherrn eine Statik zur Verfügung stehen. Was verbirgt sich dahinter?
In der Statik ist ganz viel festgelegt, zum Beispiel das Fundament mit Abmessung, Bewährung und Verankerung, der Stahlbau mit verwendeten Rohren, Fußplatten, Material, Festigkeit etc. Alle Angaben aus der Statik fließen dann in die Stahlbauzeichnung mit ein.
Was müssen Sie bei der Entwicklung eines Preismasten in Bezug auf die Statik beachten?
Eine wichtige Rolle spielt zum einen die Höhe des Mastes und zum anderen in welcher Windzone sich die Tankstelle befindet. Deutschland ist in vier Windzonen eingeteilt. 80 Prozent der Fläche gehören zu den Windzonen eins und zwei – dort sind die geringeren Windgeschwindigkeiten. Dann gibt es die Zonen drei und vier oben an der Nord- und Ostsee. Die höchsten Windgeschwindigkeiten werden im Küstenbereich und auf den Inseln gemessen. Wenn der Turm in Zone eins eingesetzt wird, also zum Beispiel in Stuttgart, dann muss der Statiker geringere Lasten ansetzen als beispielsweise in Zone zwei, in der zum Beispiel Berlin liegt. Es gilt: Je höher der Turm und je höher die Windzone, desto schwingungsanfälliger ist der Preismast. Grundsätzlich muss daher jede Statik die kritische Windgeschwindigkeit ausweisen.
Das bedeutet?
Wenn böiger Wind auf den Preismast weht, fängt er an sich aufzuschaukeln. Und dann passiert das, was man sich auf Youtube unter dem Stichwort „schwingender Brückeneinsturz“ ansehen kann. Wenn Menschen im Gleichschritt über eine Brücke marschieren, dann gerät sie in Schwingung und kann bei Erreichen der Resonanz zusammenbrechen. So muss man sich das beim Preismast auch vorstellen. Wenn böiger Wind den Preismast in Schwingung versetzt und er die kritische Geschwindigkeit, also die Resonanz, erreicht, dann kann er umkippen.
Wie kann man das verhindern?
Der Statiker berechnet, wann der Preismast in einer bestimmten Windzone in Resonanz gerät. Dafür gibt es theoretische Ansätze, die in dem Euro-Code festgeschrieben sind. Um zu vermeiden, dass ein Preismast in den kritischen Bereich gerät, hat man mehrere Möglichkeiten: Entweder vergrößert man den Stahlbau, das heißt, man erhöht die Dicke der Rohrwandung, oder man verwendet ein größeres Rohr.
Und wenn beides nicht geht?
Wenn das nicht geht – konstruktiv oder kostentechnisch –, dann kann man auch einen Schwingungsdämpfer einsetzen. Das Prinzip findet man zum Beispiel im Hochhausbau, wo ein mit Flüssigkeit gefüllter Behälter wie ein „Dämpfer“ auf die Schwingungen agiert. Dieser Dämpfer wird dann möglichst weit oben im Turm eingebaut.
Und wie dämpft er dann die Schwingungen im Preisturm?
Gerät der Turm in Schwingung, entstehen im Schwingungsdämpfer Wellen. Jede Welle bewirkt eine Kraft in dem Dämpfer, die der Schwingung entgegenarbeitet. So kann der Turm nicht in Resonanz kommen. Wenn man oben an einem Preisturm mit Schwingungsdämpfer dagegendrückt, dann stoppt der Turm nach drei bis fünf Schwingungen wieder. Ein Turm ohne Dämpfer schwingt dagegen mehrere Minuten nach.
Entwickelt PWM diese Schwingungsdämpfer selbst?
In Zusammenarbeit mit einem Partner wird berechnet, welche Türme solch einen Schwingungsdämpfer überhaupt benötigen. Dann werden diese entsprechend der relevanten Euro-Code-Norm dimensioniert und ausgelegt. Auf Basis dieser Berechnungen wird dann der Dämpfer bei PWM produziert und im Turm eingebaut.
Das Thema Statik spielt auch bei der Haftung eine wichtige Rolle …
Das stimmt. Eine Statik hat, wie im Baugewerbe üblich, eine Gewährleistung von fünf Jahren. Das heißt, wir erneuern unsere Statik in der Regel spätestens nach fünf Jahren. In der Zwischenzeit könnten sich Normen, Windzonen oder sonstige Vorgaben verändert haben. Auch für den Fall, dass ein Statiker mal einen Rechenfehler eingebaut hat, der nicht aufgefallen ist. Die Versicherung des Statikers haftet maximal fünf Jahre rückwirkend.
In welchem Fall würde PWM haften?
Wir haften zum Beispiel, wenn wir etwas eingebaut haben, das nicht der Statik entspricht. Nehmen wir an, der Statiker rechnet ein Rohr in den Maßen 300 x 200 x 8 Millimeter aus, und wir würden sagen, das ist uns zu teuer, ein Rohr mit den Maßen 300 x 200 x 5 Millimeter reicht auch. Dann wären wir voll in der Haftung, sowohl zivil- als auch strafrechtlich. Zivilrechtlich haftet immer die Firma, strafrechtlich würde dann ich als Leiter der Konstruktion haften. Entsprechend hoch ist also der Aufwand, den wir beim Thema Statik und Stahlbau betreiben.
Welche Haftungsfälle sind noch denkbar?
Der Bauherr haftet dann, wenn er offensichtlich etwas aufstellt, das nicht in Ordnung ist. Folgendes Beispiel: Wir verkaufen einen Turm mit einer Statik, in der steht, dass man nur maximal fünf Quadratmeter Fläche an den Turm hängen darf. Montiert der Bauherr oder der Betreiber beispielsweise ein weiteres Schild dazu, dann ist er voll in der Haftung, wenn etwas passiert. Wer Veränderungen am Bauwerk vornimmt – insbesondere dann, wenn es offensichtlich ist, dass er das nicht darf –, haftet.
Wann haftet der Bauleiter?
Er haftet, wenn er offensichtlich erkennen kann, dass die Statik nicht mit der Lieferung übereinstimmt. Beispiel: Die Statik von einem Pylon besagt, dass der Stahlbau aus zwei Stahlrohren bestehen soll – von der Fußplatte bis zur Pylon-Oberkante. Wenn dann der gelieferte Pylon zum Beispiel nicht mit durchgängigen Rohren oder aus Aluminium statt aus Stahl gefertigt wurde, ist das offensichtlich nicht korrekt.
PWM ist außerdem nach DIN EN 1090 zertifiziert. Was bedeutet das?
Wir liefern Preisanzeigen mit einem Stahlbau, somit sind wir natürlich auch nach DIN EN 1090 zertifiziert. Diese Norm berechtigt uns, Stahlbauten in Verkehr zu bringen und aufzustellen. Die DIN EN 1090 regelt, welches Material eingesetzt wird und dass das Unternehmen qualifiziert ist, die geforderten Schweißnähte und Verschraubungen anzubringen. Dieses muss heute im Sinne der Norm nachgewiesen und dokumentiert werden.
Was würde passieren, wenn PWM nicht zertifiziert wäre?
Grundsätzlich hat der Kunde das Recht, die Zahlung eines Preismastes eines nicht nach DIN EN 1090 zertifizierten LieferanLinktipp Unter www.en1090.net können Sie im Bereich WPK-Zertifikate prüfen, ob Ihr Lieferant nach DIN EN 1090 zertifiziert ist. Für Preismaste müssen Sie die Ausführungsklasse EXC3 wählen. ten zu verweigern. Der Kunde kann den Mast zwar behalten, aber dann ergibt sich eine ganz neue Frage der Haftung.
(Das Gespräch führte Annika Beyer; das Interview erschien im Sonderheft Bauen 2018 in Sprit+ 3.2018.)
Linktipp: Unter www.en1090.net können Sie im Bereich WPK-Zertifikate prüfen, ob Ihr Lieferant nach DIN EN 1090 zertifiziert ist. Für Preismaste müssen Sie die Ausführungsklasse EXC3 wählen.