Bei der Studie wollte die deutsche Kreditwirtschaft potenzielle Anwenderhürden identifizieren, die Kunden davon abhalten kontaktlos zu bezahlen. Der Versuch fand unter kontrollierten Laborbedingungen des Human Factors Engineering-Team des Fraunhofer IAO in Stuttgart und dennoch in vertrautem Bezahlumfeld statt – an einer nachgebauten Supermarktkasse inklusive Laufband und schwenkbarem Terminal sowie einer Bezahltheke, wie man sie beispielsweise an Tankstellen vorfindet. Dort wurde im Detail untersucht, inwieweit sich die Vielfalt der momentan erhältlichen Zahlungsterminals und deren verschiedene Gestaltungsvarianten auf die Akzeptanz des kontaktlosen Bezahlens auswirken.
Zu diesem Zweck wurden fünf Terminal-Nachbauten in unterschiedlichem Design und mit unterschiedlichen Eigenschaften getestet. Die Terminals lagen teils als mobile, teils als stationäre Ausführung vor und verfügten über unterschiedlich platzierte Kontaktlosleser und verschieden große Displays. Diese Terminals wurden hinsichtlich der Bauformergonomie von insgesamt 46 Probanden nahezu aller Altersklassen getestet.
Im Vorfeld erhielten sie für den Test eine Brieftasche mit einer kontaktlosfähigen Karte, eine Smartphone-Attrappe sowie eine kleine Broschüre, in dem unauffällig auf die Kontaktlos-Funktionalität der Geräte hingewiesen wurde. Die Probanden wurden dabei nicht über die Zielsetzung der Studie informiert. Sie sollten lediglich bargeldlos bezahlen. Im Versuch selbst gab der Versuchsleiter bei Problemen der Probanden maximal eine leichte Hilfestellung. Die Teilnehmer waren jeweils angewiesen, die Aufgabe so schnell wie möglich durchzuführen, um eine valide Zeitmessung zu gewährleisten.
Das Stecken der Karte ist tief verankert
Der Weg zum alltäglichen kontaktlosen Bezahlen hängt von zahlreichen Faktoren ab und ist alles andere als ein Selbstläufer, insbesondere auf die Ergonomie von Kartenterminals bezogen. Das über Jahrzehnte angelernte Stecken der Karte ist tief in den alltäglichen Verhaltensweisen verankert, weshalb der Nutzer fast automatisch auch bei modernen Bezahloptionen zunächst den Kartensteckplatz sucht.
Die durchgeführten Versuche der Probanden lassen den Schluss zu, dass die nachträgliche technische Integration einer kontaktlosen Schnittstelle in die bestehende Terminalgeneration bei Nutzern derzeit noch zu einer gewissen Verwirrung beim Bezahlen führt. Gleichzeitig lässt sich beobachten, dass man die Anwender schneller, besser und einfacher an das Thema kontaktlos heranführen kann, sofern die Ergonomie bewusst auf das Vorhalten oder Ablegen der Karte hin ausgerichtet ist. Insbesondere zwei Terminals mit eigens abgehobenen und gut sichtbaren Kontaktloslesern wurden im Test gut aufgenommen und wurden von den Proband sehr gut bewertet. Dieses Ergebnis galt sowohl für die Karte, als auch für das Smartphone, weshalb die Studienleiter auch die klare Empfehlung abgegeben haben, über eine Vereinheitlichung der "Landezone" für die unterschiedlichen NFC-Formfaktoren nachzudenken.
Optimierungsbedarf bei der Ergonomie
Alle Testkunden waren grundsätzlich bereit für kontaktlose Zahlungen. Allerdings darf die neue Interaktionsform nicht komplizierter sein, als die gewohnte, kontaktbehaftete Anwendung, weshalb gerade bei der Ergonomie der getesteten Terminaltypen noch ein weiterführender Optimierungsbedarf besteht. Denn eigentlich verspricht kontaktloses Bezahlen vor allem einen schnellen Bezahlvorgang. Wird jedoch die Kontaktiereinheit nicht gefunden oder treten andere Nutzungshürden auf, wird die Schnelligkeit als wesentlichster Vorteil der kontaktlosen Bezahlweise deutlich geschmälert. Eine Vereinheitlichung und bessere Erkennbarkeit werden daher als hilfreich angesehen. Denn ohne Optimierung an diesen Stellen droht die Macht der Gewohnheit die "kontaktlose" Oberhand zu gewinnen. (ms)