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Tipps: Emotionen verkaufen

20.10.2015 14:41 Uhr
Verkaufstrainer Lars Schäfer
Verkaufstrainer Lars Schäfer: "Authentisch verkaufen heißt: Ein Lächeln verkauft, aber nur, wenn die Augen auch mitlachen."
© Foto: Lars Schäfer

Wenn ein Mitarbeiter schon kein Verkaufstalent hat, soll er den Kunden wenigstens nicht vom Kaufen abhalten, fordert Lars Schäfer. Der Verkaufstrainer erklärt, wie Tankstellenmitarbeiter die Macht der Gefühle nutzen, wieso der Schneider der klügste Mensch ist und warum es sich lohnt, einmal bei Burger King vorbeizuschauen.

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Jedes Mal, wenn er seine Stammtankstelle betrat, fröstelte es ihn, obwohl es nicht kalt war. Der Shop war zwar in die Tage gekommen und unpersönlich, aber daran lag es ebenfalls nicht, dass Lars Schäfer nach dem Bezahlen fluchtartig das Weite suchte und mit trister Stimmung zu Hause ankam.

Was ihn regelmäßig frustrierte, war die „schlechte Laune“ dort, eine „miserable Atmosphäre“. Als Quelle der frostigen Stimmung identifizierte Schäfer das Verkaufspersonal der Tankstelle, das ihn barsch behandelte und beim Abkassieren kaum anschaute. Diese Negativität wollte Schäfer nicht länger hinnehmen und zog die logische Konsequenz: Er suchte sich eine neue Stammtankstelle, die nicht so günstig gelegen war wie die alte. Doch den Umweg nahm er für die bessere Laune und Schonung der Nerven gerne in Kauf.

Vertrauensvolle Umgebung

Lars Schäfer ist kein gewöhnlicher Tankstellenkunde. Von Berufs wegen hat der Verkaufstrainer sensible Fühler und geschulte Augen für Atmosphäre und Gesprächsführung im Verkauf. Doch was er sich bewusst macht, empfinden „normale“ Tankstellenkunden unterbewusst. „Wenn Sie in einen Laden gehen, erzählt Ihnen Ihr Unterbewusstsein, ob das eine vertrauensvolle Umgebung ist“, erklärt Schäfer. Ist dieses Gefühl positiv und wird der erste Eindruck mehrfach bestätigt, entsteht Vertrauen zu der Tankstelle und der Kunde kommt wieder.

Ob eine Umgebung vertrauensvoll oder unbehaglich ist, beeinflussen nicht nur, aber zu einem großen Teil die Menschen, die sich darin bewegen. Die oberste Prämisse für Schäfer ist daher die Freundlichkeit des Verkaufspersonals. Wünscht der Verkäufer einen guten Morgen und schaut einen dabei an – oft genug scheint er den Kunden in seinem Arbeitsnebel gar nicht wahrzunehmen –, fühlt sich der Kunde wertgeschätzt und ist viel empfänglicher für den spontanen Kauf von Zusatzprodukten.

Worauf er hingegen allergisch reagiert, wenn auch nicht ganz so heftig wie auf Unfreundlichkeit, ist professionelle Freundlichkeit. „Unter emotionalem Verkaufen verstehe ich erst einmal authentisch zu sein. Authentisch verkaufen heißt: Ein Lächeln verkauft, aber nur, wenn die Augen auch mitlachen. Alles andere ist verlogenes Grimassenziehen, das man aus den 80er Jahren vom Hauruckverkaufen kennt“, erklärt Schäfer. Selbstredend ist einem Menschen nicht jeden Tag zum Lachen zumute, dennoch gebiete es authentische Professionalität, auch an schlechten Tagen ein Mindestmaß an Kommunikationsstärke zu bewahren.

Persönliche Fragen stechen

Authentische Professionalität unterscheidet von der einstudierten, dass sie ungeschminkt ist. Vielen Kunden missfällt beispielsweise, wenn sie bei einem Stadtbummel in verschiedenen Geschäften unpersönlich gefragt werden: Wie kann ich Ihnen helfen? Übertragen auf die Tankstelle gibt es die unpersönliche Frage – oder in diesem Fall Aussage – auch, beispielsweise wenn der Mitarbeiter auf die Zwei-für-eins-Aktion hinweisen soll. „Es ist ein Riesen-unterschied, wenn einer mit desinteressierter Stimme sagt: ‚Wir haben auch Snickers im Angebot.‘ Oder wenn ich gehetzt an den Tresen komme und er lächelnd sagt: ‚Hören Sie mal, Sie sehen unterzuckert aus. Wie wäre es mal mit einem leckeren Snickers?‘“, meint der Verkaufsexperte. Natürlich schlägt bei Weitem nicht jeder Kunde zu, aber die Quote sei wesentlich höher als bei der standardisierten Abfrage.

Die Resignation vieler Mitarbeiter rührt daher, mutmaßt Schäfer, dass der Kunde häufig ihr Angebot ablehnt. „Im Tankstellenbereich darf sich niemand von einem ‚Nein‘ abschrecken lassen. Sie werden bei zehn Fragen sieben oder acht Mal ‚nein‘ hören, aber auch zwei bis drei Mal: ‚Au ja, lecker! Und tun sie mir noch einen Amerikaner dazu.‘ Wenn man das einmal hochrechnet aufs Jahr …“, sagt er. Wie das im großen Stil aussieht, hatte der Fast-Food-Riese Burger King vor einigen Jahren gezeigt: Beim Burgerkauf waren die Verkäufer instruiert, immer Extra-Käse oder Extra-Bacon anzubieten. Der minimale Preisaufschlag fiel für den Kunden nicht ins Gewicht – für das Unternehmen hingegen schon.

Jedoch sollte man Stumpfsinnigkeit und Monotonie vermeiden, erklärt Schäfer. Seine empfohlene Verkaufsart, emotionales Verkaufen, hingegen fordert mehr vom Mitarbeiter. Es geht darum, die für spontane Käufe ausschlaggebende irrationale Karte zu spielen: Emotionen. Die weckt der Verkäufer durch eine lebhafte, mit Adjektiven geschmückte Sprache. Verkauft der Mitarbeiter ein Croissant als „frisch aus dem Ofen“, entstehen beim Kunden Bilder im Kopf.

Diese Bilder kann natürlich nur der erzeugen, der die Kundenbedürfnisse genau beobachtet und spontan darauf reagiert. Genau hinzusehen und hinzuhören ist Verkäuferpflicht, meint Schäfer: „Der Nobelpreisträger George Bernard Shaw sagte einmal den treffenden Satz: ‚Der klügste Mensch, den ich kenne, ist mein Schneider. Denn er nimmt jedes Mal wieder neu Maß.‘ Jeden Menschen immer wieder neu wahrzunehmen, ist beim Verkauf sehr wichtig.“

Zugegeben: In den hektischen Stoßzeiten am Morgen und am Abend bleibt nicht immer die Zeit, seinen Kunden eingehend zu studieren. Aber in ruhigeren Phasen kann der Verkäufer die Menschen unaufdringlich ansprechen, ihnen zum Beispiel beim Finden eines Produkts helfen. Das erzeuge Dankbarkeit, daraus folge Vertrauen und schließlich Stammkundschaft, rechnet Schäfer vor.

Extrovertierte verkaufen besser

Die Ansprüche an den perfekten Verkäufer sind groß; der Tankstellenchef hingegen kann bei der Personalauswahl keine zu großen Ansprüche stellen. Was tun? „Beim Bewerbungsgespräch muss der Chef richtig hinschauen. Sitzt mir da jemand gegenüber, der tendenziell gerne mit Menschen arbeitet? Es reicht häufig schon, wenn ich einen Menschen einstelle, der gerne kommuniziert“, meint der Verkaufstrainer. Und wenn der Mitarbeiter schon kein Verkaufstalent hat, dann solle er wenigstens nicht den Kunden vom Kaufen abhalten, beispielsweise durch eine lustlose Art oder durch einen unwilligen Gesichtsausdruck.

Insbesondere in Großstädten, wo mehrere Tankstellen auf engstem Raum sind, ist der Verkäufer das wichtigste Aushängeschild. Viele Kunden achten zwar auf den Preis, aber viele entdecken irgendwann ihre Lieblingstankstelle, „weil sie wissen, dass die Leute, die dort arbeiten, ihnen ein gutes Gefühl geben“, bilanziert Schäfer. Und bei dieser Auswahl entscheide letztlich nicht der Preis oder die Marke. Hier entscheidet der Faktor Mensch. (Michael Simon)

Schäfers Buch "Emotionales Verkaufen – Was Ihre Kunden wirklich wollen" ist 2012 im Gabal-Verlag erschienen. 

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